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Vor dem Erbfall verschwindet Geld und sonstiges Vermögen des Erblassers – Was kann der Erbe machen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Der Erbe stellt nach dem Erbfall einen erheblichen Schwund beim Erblasservermögen fest
  • Hat der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten verschenkt?
  • Wer muss den Tatbestand einer Schenkung beweisen?

Zuweilen stellt sich bei dem Erben unmittelbar nach dem Erbfall eine gewisse Ernüchterung ein.

Wenngleich nämlich die Erbfolge und die Frage, wer als Erbe Rechtsnachfolger des Erblassers geworden ist, absolut klar ist, muss der Erbe feststellen, dass der Erblasser vor seinem Ableben offenbar geplündert wurde.

Immer wieder werden Erben nämlich mit dem Umstand konfrontiert, dass – manchmal unmittelbar vor dem Erbfall – namhafte Vermögenswerte des Erblassers verschwunden sind und auf andere Personen übertragen wurden.

Geld und sonstige Vermögenswerte verschwinden einfach

Da kann es um sechsstellige Euro-Beträge gehen, die vom Konto des Erblassers auf ein Konto einer dem Erblasser nahe stehenden Person übertragen wurden.

Als ebenso leicht flüchtig stellen sich manchmal wertvolle Schmuckstücke oder eine Goldmünzensammlung heraus, die sich zu Lebzeiten noch im Besitz des Erblassers befunden haben.

Wird der Erbe mit einer solchen wertmäßig entkernten Erbschaft konfrontiert, dann stehen ihm mehrere Wege offen, den beim Erblasser eingetretenen Vermögensschwund wieder rückgängig zu machen.

Kann man eine Straftat nachweisen?

Am einfachsten ist es für den Erben, wenn er nachweisen kann, dass sich ein Dritter am Vermögen des Erblassers zu dessen Lebzeiten schlicht widerrechtlich bedient hat.

Jeden – nachweisbaren – Diebstahl, jede Untreuehandlung und jede Unterschlagung, die im Bezug auf Vermögenswerte des Erblassers stattgefunden haben, kann der Erbe, notfalls auch mithilfe der Staatsanwaltschaft, nach dem Erbfall wieder rückgängig machen.

Wesentlich komplizierter wird es für den Erben hingegen immer dann, wenn derjenige, bei dem das Vermögen des Erblassers gelandet ist, vorträgt, dass er sich mitnichten unzulässig bedient habe, sondern dass ihm das Geld bzw. die Goldbarren vom Erblasser zu Lebzeiten geschenkt worden sind.

Hatte der Erblasser eine Vollmacht erteilt?

Ein solcher Vortrag kommt gar nicht so selten vor und ist manchmal alleine deswegen etwas anrüchig, weil die Vermögensübertragung im konkreten Einzelfall mithilfe einer Vollmacht vollzogen wurde, die der Erblasser der fraglichen Person eingeräumt hatte.

Die Ausgangslage in einem solchen Fall ist klar: Kann der momentane Besitzer des ehemaligen Erblasservermögens eine lebzeitige Schenkung durch den Erblasser beweisen, dann darf er das Vermögen in aller Regel behalten.

Ist der Vortrag, der Vermögensübertragung liege eine Schenkung des Erblassers zugrunde, aber nicht zutreffend, dann kann der Erbe das abhanden gekommene Vermögen herausverlangen.

Die Beweislast entscheidet einen Gerichtsprozess

In Streitfällen kommt es hier oft darauf an, wer in dem Prozess die so genannte Beweislast trägt, wer also nachweisen muss, ob tatsächlich eine Schenkung des Erblassers vorlag oder nicht.

Überaus hilfreich kann in diesem Zusammenhang eine neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sein, wonach immer dann, wenn der behauptete Schenkungsvertrag nicht notariell beurkundet wurde (§ 518 Abs. 1 BGB), der angeblich Beschenkte die Umstände für eine wirksame Schenkung zu beweisen hat (BGH, Urteil v. 14.11.2006, Az.: X ZR 34/05).

Wenn in einem Erbfall Vermögen nämlich unter dubiosen Umständen verschwunden ist und sich der Empfänger des Vermögens auf eine lebzeitige Schenkung des Erblassers beruft, dann wurde diese Schenkung nahezu nie von einem Notar beurkundet.

Wollte der Erblasser mit der Schenkung seinen Erben beeinträchtigen?

Will der Empfänger der “Schenkung” das Erlangte in diesem Fall nicht herausgeben, dann muss er sich nach der vorgenannten Rechtsprechung des BGH gewaltig anstrengen, um das Vermögen behalten zu dürfen.

Kann er im Streitfall das Zustandekommen einer Schenkung nicht für das Gericht nachvollziehbar nachweisen, dann muss er das erlangte Vermögen wieder herausgeben.

Gelingt dem aktuellen Besitzer des Erblasservermögens hingegen der Nachweis einer Schenkung, dann muss sich der Erbe in speziellen Fällen immer noch nicht geschlagen geben.

War der Erbe nämlich in einem gemeinsamen Ehegattentestament oder in einem Erbvertrag als Erbe eingesetzt worden und hat der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten in der Absicht weggegeben, seinen Erben zu beeinträchtigen, dann kann der Erbe diese Schenkung nach § 2287 BGB rückgängig machen.

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