Die Vorsorgevollmacht - Die Betreuungsverfügung

Von: Felizita Söbbeke
  • Eine Vorsorgevollmacht kann eine Betreuung überflüssig machen
  • Was kann ein Betreuer entscheiden?
  • Worauf muss man bei der Vorsorgevollmacht achten?

Es gibt Situationen, in denen ein Erwachsener nicht mehr in der Lage ist, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

Eine Krankheit oder eine Behinderung kann bei jedem Einzelnen dazu führen, dass ein Betroffener Unterstützung von außen benötigt, um sein Leben zu bewältigen.

Für eine solche Situation greift im Ernstfall der Staat ein und bestellt für den Hilfsbedürftigen einen Betreuer, § 1814 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Eine Betreuung muss erforderlich sein

Eine Betreuung kann und darf vom zuständigen Betreuungsgericht nur dann angeordnet werden, wenn dies tatsächlich erforderlich ist.

Man kann durch die Erteilung einer so genannten Vorsorgevollmacht in vielen Fällen verhindern, dass vom Gericht eine Betreuung angeordnet wird und dem Betroffenen eine oft wildfremde Person als Betreuer beigeordnet wird.

Hat man – in guten Zeiten – in einer Vorsorgevollmacht eine vertraute Person oder ein Familienmitglied damit beauftragt, im Ernstfall die rechtlichen Angelegenheiten für die dann hilfsbedürftige Person auszuführen, dann ist die Anordnung einer Betreuung im Regelfall nicht erforderlich, § 1814 Abs. 3 BGB.

Empfehlenswert ist die Abfassung einer solchen Vorsorgevollmacht für alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr.

Vorlagen für eine Vorsorgevollmacht sind im Internet unter anderem auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums abrufbar.

Vorsorgevollmacht ist auch für persönliche Angelegenheit möglich

Durch eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt ein Vollmachtgeber den Vollmachtnehmer, in seinem Namen für Ihn bindende Entscheidungen zu treffen, wenn er nicht mehr in der Lage ist, seinen eigenen Willen zu äußern.

Vollmacht kann Betreuung verhindern

Zielsetzung einer Vorsorgevollmacht ist stets, dass eine dem Vollmachtgeber vertraute Person nach dessen erklärten Willen für den Betroffenen handelt.
Durch eine so genannte Vorsorgevollmacht kann daher die Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht verhindert werden (§ 1814 Abs. 3 BGB). Die Vorsorgevollmacht kann verschiedene Bereiche des rechtsgeschäftlichen Lebens umfassen.

Die Vorsorgevollmacht kann beschränkt sein auf

  • vermögensrechtliche Angelegenheiten oder auf
  • die Ausübung persönlicher Angelegenheiten einschließlich Gesundheitsfürsorge oder
  • als Generalvollmacht sämtliche Rechtsgeschäfte umfassen.

Vorsorgevollmacht für vermögensrechtliche Angelegenheiten

Die Vorsorgevollmacht für den vermögensrechtlichen Bereich betrifft in der Regel den Zeitraum der Geschäftsunfähigkeit, sollte aber ausdrücklich auch den Zeitraum unmittelbar nach dem Tod einbeziehen.
Dies deshalb, weil z. B. der Vollmachtnehmer trotz der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers vermögensrechtliche Angelegenheiten kurzfristig nach dem Tod regeln kann.

  • Eine postmortale Vollmacht entfaltet ihre Wirksamkeit erst mit dem Zeitpunkt des Todes des Vollmachtgebers und stellt daher eine Vollmacht praktisch auf den Erbfall dar.
  • Eine transmortale Vollmacht kann dahingehend verknüpft werden, dass sie bereits als Vorsorgevollmacht wirksam ist, aber auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirksam bleibt, so dass eine zeitnahe und ordnungsgemäße Vermögensabwicklung oder Vermögensverwaltung durch den Vollmachtnehmer abgesichert ist.

Was Sie hinsichtlich der Vollmacht für vermögensrechtliche Angelegenheiten berücksichtigen sollten, zeigt die folgende Checkliste:

Vorsorgevollmacht für vermögensrechtliche Angelegenheiten

  • Sie kann grundsätzlich formfrei erteilt werden
  • Hinsichtlich der Beweisbarkeit ist jedoch zu empfehlen, eine Vollmacht schriftlich abzufassen.
    Es ist weder erforderlich, die Vollmacht durch einen Zeugen unterzeichnen noch sie notariell beurkunden zu lassen.
    Im Hinblick auf ihre Akzeptanz ist aber anzuraten, die Vollmacht notariell beglaubigen zu lassen.
    Dies gilt vor allem für die Akzeptanz der Vollmacht gegenüber Banken und Behörden. Banken stellen ihren Kunden regelmäßig eigene Formulare für eine Vollmacht zur Verfügung.

Praxishinweis: Zur Vereinfachung sollte mit der betreffenden Bank im Vorfeld geklärt werden, ob und welche Vollmachten sie im Zweifel akzeptieren.

Bei der notariellen Vollmacht dokumentiert der Notar in der Urkunde die eigene Wahrnehmung zur Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers.

Die Vollmacht für Grundstücksgeschäfte bedarf nach § 29 GBO der öffentlichen Beglaubigung.

  • Bei Vollmachten für gesellschaftsrechtliches Handeln müssen die besonderen Formvorschriften des Aktiengesetzes und des GmbH-Gesetzes beachtet werden. (Notarielle Beurkundung erforderlich)
  • Der Vollmachtgeber muss bei der Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig sein.
  • Eine Vollmacht erzielt ihre Wirkung gegenüber dem Geschäftspartner bei Vorlage der Urkunde.
  • Der Vollmachtgeber kann den Vollmachtnehmer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien. Dies kann z. B. sinnvoll sein, wenn der Vollmachtnehmer das Kinde des Vollmachtgebers ist und dessen Immobilie erwerben möchte, damit diese nicht in Hände Dritter gerät.
  • Es ist möglich, die Wirkungen der Vollmacht durch Widerruf zu beseitigen.

Praxishinweis: Sowohl die postmortale als auch die transmortale Vollmacht kann jederzeit von jedem (Mit-) Erben widerrufen werden.
Dies gilt auch während einer bestehenden Erbengemeinschaft. Voraussetzung ist hierzu der Nachweis, dass der widerrufende Erbe oder Miterbe geworden ist, z. B. durch Vorlage eines Erbscheines oder eines eröffneten Testaments. Der Widerruf kann unter Umständen dazu führen, dass der Wille des Erblassers ausgehebelt wird.

Zwar kann in der Vollmacht der Widerruf durch die Erben ausgeschlossen werden, der Erbe hat jedoch immer noch die Möglichkeit, diese Vollmacht aus wichtigem Grunde zu kündigen. Soll einem Widerruf der Erben vorgebeugt werden, empfiehlt es sich, in letztwilligen Verfügungen Auflagen, Beschwernisse, etc. für die Erben einzubauen.

Vorsorgevollmacht für persönliche Angelegenheiten / Gesundheitsfürsorge

Für eine wirksame Vollmachterteilung ist die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bei Erteilung der Vollmacht erforderlich.

Seit der Reform des Betreuungsrechts können sich Ehegatten nach § 1358 BGB in gesundheitlichen Angelegenheiten auch ohne Vollmacht oder Patientenverfügung gegenseitig vertreten, wenn der Partner aufgrund Krankheit oder Bewusstlosigkeit keine eigenen Entscheidungen treffen kann.

Ebenso kann der Ehepartner in einem solchen Notfall die Gesundheitsfürsorge für den erkrankten Partner für drei Monate übernehmen.

Wahl des Bevollmächtigten nur bei Vertrauen des Vollmachtgebers

Der Vollmachtgeber muss wissen, dass der Bevollmächtigte für ihn im Bereich der Gesundheitsfürsorge Entscheidungen zu treffen hat, die die Art und Weise seines Lebensendes beeinflussen.
Es muss ein absolutes Vertrauensverhältnis gegeben sein. Nur so ist gewährleistet, dass der Vollmachtnehmer zum mutmaßlichen Willen des Betroffenen Auskunft geben kann.
§ 1816 Abs. 6 BGB schließt unter Umständen einen bestimmten Personenkreis von der Betreuerbestellung aus.
Es handelt sich dabei um Personen, die zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in der der Vollmachtgeber untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer engen Beziehung stehen.
Dies soll einen Missbrauch der Vollmacht vermeiden. Die beste Vorbeugung ist die Auswahl des richtigen Vollmachtnehmers.
Die folgende Checkliste zeigt, worauf Sie bei der Wahl des Vollmachtnehmers achten müssen:

Kriterien für die Auswahl des Vollmachtnehmers

  • Es sollte ein gegenseitiges und über einen längeren Zeitraum bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen dem Vollmachtnehmer und dem Vollmachtgeber bestehen.
  • Der Vollmachtnehmer sollte über eine exakte Kenntnis der Wünsche und der Grundeinstellung des Vollmachtgebers in religiöser, ethischer und medizinischer Hinsicht verfügen. Unter Umständen ist auch wichtig, dass der Vollmachtnehmer diese Einstellungen teilt, damit er in Konfliktsituationen seine eigenen Interessen zurückstellen kann.
  • Sowohl bei den Vollmachten im persönlichen als auch bei denen im vermögensrechtlichen Bereichen ist erforderlich, dass der Vollmachtnehmer über ausreichende Kenntnisse und Zeit verfügt, um die Wünsche des Vollmachtgebers gegenüber Ärzten, Vormundschafsgericht und Behörden durchzusetzen.

Vollmachtnehmer entscheidet über Heilbehandlungen

Der Vollmachtnehmer ist bevollmächtigt, die erforderlichen Entscheidungen und Erklärungen im Rahmen der Gesundheitsfürsorge abzugeben.
Er kann entscheiden, ob ärztliche Untersuchungen und Behandlungen vorgenommen werden sollen oder nicht, in welchen Umfang sie erfolgen sollen, durch welchen Arzt und wo.
Der Arzt ist verpflichtet, ihn umfassend über den Gesundheitszustand des Vollmachtgebers zu informieren und den Vollmachtnehmer wie einen Patienten aufzuklären, damit dieser Entscheidungen im Namen des Vollmachtgebers treffen kann.
Unter bestimmten Umständen muss das Betreuungsgericht eine Einwilligung des Betreuers zu einer medizinischen Maßnahme genehmigen, § 1829 BGB.

Einwilligung des Vollmachtnehmers in Behandlungsabbruch ist zulässig

Unstreitig umfasst die Gesundheitsfürsorgevollmacht die Entscheidungsbefugnis über einen zum Tode führenden Behandlungsabbruch, wenn sich diese Ermächtigung aus der Vollmachtsurkunde ergibt (BGH NJW 2003, 1836)
Praxishinweis: Die Vollmachtsurkunde muss zwingende Weisungen an den Vollmachtnehmer enthalten und die Ermächtigung zu diesen Erklärungen unzweifelhaft darstellen.
Das Betreuungsgericht entscheidet immer, wenn es keine Patientenverfügung gibt, die Patientenverfügung nicht der konkreten Situation entspricht oder Arzt und Bevollmächtigter keine übereinstimmende Entscheidung getroffen haben.

Vollmachtnehmer kann über Unterbringung entscheiden

Auch hier kann dem Vollmachtnehmer eine Entscheidung übertragen werden, die im Falle einer krankheitsbedingten konkreten Eigengefährdung die Unterbringung in einem Heim oder einer psychiatrischen Anstalt gestattet.
Auch hier gilt, dass eine Ermächtigung des Vollmachtnehmers vorhanden sein muss, die in der Vollmachtsurkunde ausdrücklich festgehalten ist.
Die Vollmacht kann dem Vollmachtnehmer auch die Befugnis verleihen, dass dieser den ärztlichen Rat hinterfragt und überprüft, ob eine freiheitsentziehende Maßnahme befürwortet werden soll.

Vollmachtnehmer kann in freiheitsentziehende Maßnahmen einwilligen

Auch die Entscheidung in freiheitsentziehende oder -beschränkende Maßnahmen einzuwilligen, kann dem Vollmachtnehmer übertragen werden, § 1831 BGB.
Die Vollmachtsurkunde muss die Ermächtigung für diese Maßnahme ausdrücklich mit umfassen.
Es muss dazu auch eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vorliegen, außer der Vollmachtgeber lebt in seiner Familie und die genannten Maßnahmen sollen dort getroffen werden, § 1831 BGB.

Vollmachtnehmer kann Aufenthalts- und Umgangsrecht bestimmen

Der Vollmachtgeber kann auch insoweit dem Vollmachnehmer die Bestimmung darüber übertragen, wo sich der Vollmachtgeber aufhalten und mit wem er Kontakt haben darf.
Dies gilt bei der Entscheidung zur Unterbringung in einem Altenpflegeheim, in einem Hospizkrankenhaus oder ähnlichen Einrichtungen.
Dies betrifft aber auch die Frage nach einem Einsatz das Pflegedienstes, spezieller Therapeuten etc.

Vollmacht kann als Spezial- oder Generalvollmacht erteilt werden

Auch eine umfassende Generalvollmacht sollte detailliert formuliert sein, § 1820 Abs. 2 BGB.
Die Spezialvollmacht kann sich beschränken auf persönliche oder auf vermögensrechtliche Angelegenheiten, sie kann sich aber auch nur auf die Gesundheitsfürsorge beziehen.
Sofern beabsichtigt ist, dass die Vorsorgevollmacht eine Betreuung gemäß § 1814 BGB verhindern soll, sollte eine Generalvollmacht erteilt werden. Denn nur eine im Außenverhältnis unbeschränkte Generalvollmacht vermag die gerichtliche Bestellung eines Betreuers zu verhindern.
Es sollte keinesfalls ein Eingangssatz aufgenommen werden, der einen Hinweis auf die Verwendung der Vollmacht unter bestimmten Situationen vorsieht.
Aus der Vollmacht muss sich eindeutig ergeben, dass sie im Außenverhältnis unbeschränkt gelten soll.

Vorsorgevollmacht in persönlichen Angelegenheiten - Anweisung im Innenverhältnis

Die Vollmacht sollte eine Anweisung enthalten, wann der Bevollmächtigte von der Vollmacht Gebrauch machen darf.
Die Generalvollmacht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten kann allgemein gehalten sein.
Die Vollmacht in persönlichen Angelegenheiten muss den Erfordernissen der § 1820 Abs. 2 BGB Rechnung tragen.
In der Formulierung der Vorsorgevollmacht im Bereich der Gesundheitsvorsorge muss besonders sorgfältig formuliert werden, um den Anforderungen der neuen Rechtssprechung zu genügen.

Notarielle Beurkundung der Vollmacht kann angezeigt sein

Eine notarielle Beurkundung der Vollmacht ist sinnvoll, um einerseits die Geschäftsfähigkeit und andererseits zu dokumentieren, dass der Verfasser sich mit den rechtlichen, medizinischen und ethischen Fragen befasst und auseinandergesetzt hat.
Die Vorsorgevollmacht sollte mit einer Patientenverfügung, die sowohl dem Bevollmächtigten als auch dem Arzt Weisung erteilt, kombiniert werden.

Missbrauch der Vorsorgevollmacht kann nicht gänzlich verhindert werden

Jeder, der eine Vorsorgevollmacht erstellt, muss wissen, dass es keinen echten Missbrauchsschutz gibt. Dazu die folgende Übersicht:

Nicht ausräumbare Risiken bei der Vollmachtserteilung

  • Eine Beschränkung der Vollmacht in der Außenwirkung führt dazu, dass sie in der notwendigen Situation nicht anwendbar ist, da der Nachweis der Bevollmächtigung nicht oder nicht in Kürze der Zeit erbracht werden kann.
  • Eine Doppelbevollmächtigung stellt auch keinen praktikablen Weg dar, da die Nutzung der Vollmacht im Alltag stark eingeschränkt ist.
  • Auch die Mitteilung in der notariellen Urkunde, dass zum Vollmachtsnachweis das Original oder eine Ausfertigung der Urkunde vorzulegen ist, ist letztlich ohne Wirkung, da der Laie im Zweifel nicht einmal weiß, was eine Ausfertigung ist und deshalb eine Überprüfung nicht vornehmen kann.

Der Vollmachtgeber ist also darüber zu belehren, welcher Risiken er sich durch die Erteilung der Vollmacht aussetzt. Der beste Schutz ist, nur eine Person des Vertrauens mit einer Generalvollmacht auszustatten.

Die Vorsorgevollmacht sollte um eine Betreuungsverfügung erweitert werden, sofern trotz der Vorsorgevollmacht eine Betreuung eingerichtet werden sollte. In der Betreuungsverfügung wird die Person benannt, die als Betreuer betellt werden soll.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

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