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Auswirkungen der Scheidung auf Testament und Erbvertrag

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eine Scheidung kappt in aller Regel das Erbrecht des Partners
  • Gemeinsame Kinder können auch nach einer Scheidung für einen Vermögensübergang auf den oder die Ex sorgen
  • Testament oder Erbvertrag werden nach einer Scheidung regelmäßig unwirksam

Im Falle der Trennung und nachfolgender Scheidung von seinem Ehepartner wird man nachhaltiger mit juristischen Themen konfrontiert, als einem zuweilen lieb ist.

Da muss ein Versorgungsausgleich durchgeführt und ein Zugewinn berechnet werden, Unterhaltsfragen sind ebenso zu klären wie das Umgangsrecht für gemeinsame Kinder.

Neben all diesen rein familienrechtlichen Wirrungen sind mit einer Scheidung jedoch auch massive erbrechtliche Konsequenzen verbunden.

Das gesetzliche Erbrecht des Partners fällt nach einer Scheidung weg

Zunächst fällt mit der Scheidung das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten und damit natürlich auch jegliches Pflichtteilsrecht sowie das Recht auf den so genannten Voraus weg. Der maßgebliche Zeitpunkt für diese Rechtsfolge ist nicht das Scheidungsdatum.

Vielmehr erlischt das Erbrecht des Ehegatten gemäß § 1933 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) bereits dann, wenn zum Todeszeitpunkt des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Die gleiche Rechtsfolge tritt im Übrigen ein, wenn ein Aufhebungsgrund für die Ehe nach § 1314 BGB bestand und der Erblasser einen Antrag auf Aufhebung der Ehe gestellt hatte.

Auch nach einer Scheidung kann Vermögen kraft Erbfolge auf den oder die Ex übergehen!

Bedenken sollte man, dass trotz Ausscheidens des geschiedenen Ehepartners aus der gesetzlichen Erbfolge das eigene Vermögen „über Umwege“ doch wieder bei dem Ex landen kann.

Wird man nämlich im Todesfall von einem gemeinsamen Kind beerbt, bleibt dieses Kind unverheiratet und kinderlos und verstirbt das Kind vor dem Ex-Ehepartner ohne eine von der gesetzlichen Erbfolge abweichende letztwillige Verfügung errichtet zu haben, dann wird der Ex-Ehepartner kraft Gesetz Alleinerbe des gemeinsamen Kindes- und damit auch des Vermögens des vorverstorbenen Ehepartners.

Will man diese Rechtsfolge ausschließen, bietet es sich beispielsweise an, das gemeinsame Kind als Vorerben einzusetzen und gleichzeitig einen Nacherben zu bestimmen, an den das Vermögen nach Tod des Vorerben übergehen soll.

Testament, gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag werden unwirksam  

Wurden zu Zeiten der Ehe letztwillige Verfügungen in Form eines Testamentes oder Erbvertrages errichtet und wurde der Ehegatte in dieser letztwilligen Verfügung durch Erbeinsetzung oder Vermächtnis bedacht, dann ordnet das Gesetz für den Fall der Scheidung eine widerlegliche Vermutung dafür an, dass die letztwillige Verfügung im Falle der Scheidung unwirksam ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt ist wie im Falle der gesetzlichen Erbfolge nicht der Scheidungstag selber, sondern der Tag, an dem die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Das Gesetz sieht allerdings in §§ 2077 Abs. 3 und 2268 Abs. 2 BGB ausdrücklich vor, dass von einer Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung dann nicht ausgegangen werden kann, wenn ein Wille des Erblassers dahingehend festgestellt werden kann, dass die Erbeinsetzung des Ehegatten bzw. die Vermächtnisanordnung zugunsten des Ehegatten auch für den Fall gelten soll, dass die Ehe geschieden wird.

Die Beweislast für das Vorliegen eines entsprechenden Erblasserwillens trägt der länger lebende geschiedene Ex-Ehegatte.

Soll das Testament auch für den Fall der Scheidung gelten?

Maßgeblicher Zeitpunkt für einen entsprechenden Willen des Erblassers, die Wirkungen der letztwilligen Verfügung auch für den Fall der Scheidung aufrecht zu erhalten, ist der Tag der Testamentserrichtung.

Alleine die Tatsache, dass sich die ehemaligen Ehepartner auch nach der Scheidung „verstehen“ und „normal“ miteinander umgehen, reicht regelmäßig nicht aus, um einen entsprechenden Erblasserwillen annehmen zu können.

Selbstverständlich ist es empfehlenswert, für den Fall der Scheidung auch hinsichtlich etwaig existierender letztwilliger Verfügungen klare Verhältnisse zu schaffen und sich nicht auf die gesetzlichen Vermutungsregeln in Bezug auf die Unwirksamkeit von Testament oder Erbvertrag zu verlassen.

Ein einseitiges Testament kann im Falle der Scheidung widerrufen werden. Eine wechselbezügliche Verfügung bei einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament kann durch notarielle Urkunde widerrufen werden und von einem Erbvertrag kann man bei bestehendem Rücktrittsrecht zurücktreten bzw. den Erbvertrag durch gemeinsame Erklärung mit dem Ex-Ehepartner aufheben.

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