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Können die Kinder als Erben schon mit Geld umgehen? Die Krux mit dem Erbrecht der Kinder!

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Das Konsumverhalten der eigenen Kinder kann von dem der Eltern abweichen
  • Im Erbfall hat das eigene Kind zumindest einen Anspruch auf seinen Pflichtteil  
  • Pflichtteilsstrafklausel, Testamentsvollstreckung oder Familienstiftung als Ausweg?

Eltern wollen für ihre Kinder immer nur das Beste.

Dieses Bestreben wird aber in manchen Fällen von den gesetzlichen Regeln zum Erbrecht unterminiert.

Für Eltern geht es bei der Regelung der eigenen Erbfolge nämlich häufig um die Frage, in welchem Umfang und vor allem zu welchem Zeitpunkt man den eigenen Nachwuchs am Familienvermögen beteiligen will.

Das Testament kann sehr schnell gebraucht werden

Wenn Eltern ihr Testament verfassen, dann müssen sie damit rechnen, dass die in dem Testament niedergelegten Regeln im Ernstfall schon am Tag nach Abfassung des Testaments gebraucht werden und in Kraft treten.

In Anbetracht solcher Aussichten beschleicht so manche Eltern aber ein eher ungutes Gefühl, wenn die Verfügungen in dem Testament potentiell dafür sorgen, dass ein sechs- oder sogar siebenstelliges Vermögen an den gerade volljährig gewordenen Nachwuchs gehen würde.

Nicht viele 18jährige sind nämlich in der Lage, mit plötzlichem Reichtum verantwortungsvoll umzugehen.

Werte der Eltern – Werte der Kinder

Vielmehr signalisieren die den eigenen Kindern neuerdings durch „Influencer“ in den sozialen Medien vermittelten Werte häufig ein Konsumverständnis, mit dem die Elterngeneration eher wenig bis gar nichts anfangen kann.

Was also tun, wenn man das eigene Kind im Erbfall nicht mit Geldbeträgen konfrontieren will, die das Kind absehbar überfordern?

Eines ist klar: Wenn es im Erbfall um die Weitergabe von nicht unbeträchtlichem Vermögen geht, muss man aktiv werden.

Gesetzliche Erbfolge hilft nicht weiter

Es macht keinen Sinn, zu kapitulieren, erst gar kein Testament zu errichten und damit zur Gänze auf die gesetzliche Erbfolge zu setzen.

Die gesetzliche Erbfolge sorgt nämlich selbstverständlich in jedem Fall für eine Beteiligung der eigenen Kinder am Nachlass.

Wie alt und wie „vernünftig“ das erbende Kind im Erbfall ist, interessiert die gesetzliche Erbfolge nicht.

Wenn man Bedenken hat, dass das eigene Kind im Erbfall mit dem geerbten Vermögen (noch) nicht umgehen kann, empfiehlt es sich also, seine Erbfolge in einem Testament lenkend zu gestalten.

Das Erbrecht hilft nur zum Teil weiter

Dabei gibt es auch bei Errichtung eines Testaments grundsätzlich keine Lösung, die den Bedenken der Eltern im Hinblick auf einen plötzlichen Geldsegen für das eigene Kind in vollem Umfang gerecht wird.

Setzt man nämlich im Testament beispielsweise den jeweiligen Ehepartner als alleinigen Erben ein, dann verhindert man zwar, dass das eigene Kind im Erbfall kraft Erbfolge an Vermögen gelangt.

Man kann ein Kind jederzeit durch eine entsprechende Anordnung in seinem Testament von der Erbfolge ausschließen.

Der Pflichtteil kann dem Kind fast nie genommen werden

Was man aber auch für den Fall der Enterbung des Kindes fast nie verhindern kann, ist eine Pflichtteilsforderung durch das eigene Kind.

Den Pflichtteil in Höhe des Wertes der Hälfte des gesetzlichen Erbteils nach den §§ 2303 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann ein Kind im Erbfall immer dann einfordern, wenn es im Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurde.

Diese Mindestbeteiligung am Nachlass kann man dem Kind nur in extremen Ausnahmefällen nach § 2333 BGB vorenthalten.

Pflichtteilsstrafklausel soll abschrecken

In Bezug auf den Pflichtteil erwägenswert ist allenfalls der Einbau einer so genannten Pflichtteilsstrafklausel in das Testament.

Eltern können zumindest den Versuch unternehmen, das Kind mittels einer solchen Klausel, wonach das gemeinsame Kind dann auch im zweiten Erbfall nur den Pflichtteil beanspruchen kann, wenn es seinen Pflichtteil bereits nach dem Ableben des ersten Elternteil verlangt hat, zu disziplinieren.

Wenn das Kind sich aber von einer solchen Sanktion nicht abschrecken lässt, muss dem Kind im Erbfall eben auch als Pflichtteil eine im Einzelfall durchaus namhafte Summe zur Verfügung gestellt werden.

Auch eine Testamentsvollstreckung kann das Kind aushebeln

Überlegenswert ist weiter immer, dem erbenden Kind bis zu einem gewissen Alter einen Testamentsvollstrecker zur Seite zu stellen und auf diesem Weg zumindest ein gewisses Korrektiv einzubauen.

Dabei darf man aber nicht übersehen, dass ein dem Grunde nach pflichtteilsberechtigtes Kind nach § 2306 BGB berechtigt ist, ein (mit einer Testamentsvollstreckung) belastetes Erbe auszuschlagen und den vollen und unbelasteten Pflichtteil einzufordern.

In Anbetracht dieser nicht ganz zufrieden stellenden erbrechtlichen Lösungen für das Problem lohnt es sich schließlich bei größeren Vermögen gegebenenfalls über die Gründung einer Familienstiftung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) nachzudenken.

Mit Hilfe der Gründung einer solchen Stiftung kann man einer beliebigen Anzahl von Angehörigen Einkünfte zukommen lassen, bestehendes Vermögen langfristig sichern und muss keine Überforderung der eigenen Kinder im Erbfall befürchten.

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