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Haftung des Beschenkten gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten für Pflichtteilsergänzungsanspruch

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Schenkungen des Erblassers können den Wert des Pflichtteils erhöhen
  • Primärer Schuldner des Pflichtteils ist immer der Erbe
  • Unter Umständen kann sich der Pflichtteilsberechtigte auch an den Beschenkten halten

§ 2325 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sieht einen so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten vor.

Hat der Erblasser in einem Zeitraum von 10 Jahren vor dem Erbfall einem Dritten ein Geschenk gemacht, so wird der Wert dieses Geschenkes – linear nach Jahresscheiben abfallend – dem Nachlasswertes fiktiv hinzugerechnet.

Auf diesem Weg wird verhindert, dass der Erblasser das Pflichtteilsrecht seiner nächsten Verwandten bzw. seines Ehepartners/eingetragenen Lebenspartners noch zu Lebzeiten dadurch entwertet, indem er sein Vermögen (und damit den zukünftigen Nachlass) an Dritte schenkweise überträgt.

Schenkung des Erblassers erhöht den Pflichtteil

Der Wert einer solchen Schenkung erhöht demnach grundsätzlich den Nachlasswert und damit auch den Pflichtteilsanspruch.

Schuldner dieses Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist losgelöst von der Person des Beschenkten primär immer der Erbe. Vom Erben kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass der Pflichtteilsanspruch auf Grundlage des fiktiv um die Geschenke erhöhten Nachlasswertes berechnet und anschließend auch vom Erben beglichen wird.

Soweit der Pflichtteilsberechtigte jedoch seinen Ergänzungsanspruch wegen der Geschenke des Erblassers bei dem Erben nicht durchsetzen kann, öffnet ihm § 2329 BGB einen direkten Anspruch gegen den Beschenkten.

Pflichtteilsberechtigter kann sich an den Beschenkten halten

Soweit der Pflichtteilsberechtigte demnach beim Erben hinsichtlich seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht komplett befriedigt wird, kann er sich für den Restbetrag an den Beschenkten halten und von diesem die Herausgabe des Geschenkes geltend machen.

In folgenden Fällen kommt diese subsidiäre Haftung des Beschenkten gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten in Frage:

  • Der Erbe kann den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2328 BGB verweigern, weil ihm als ebenfalls pflichtteilsberechtigtem Erben jedenfalls wertmäßig sein eigener Pflichtteil mitsamt möglichem Ergänzungsanspruch verbleiben muss, § 2328 BGB.
  • Der pflichtteilsberechtigte Erbe macht selber eine Ergänzung nach § 2326 BGB geltend.
  • Der Erbe haftet nur beschränkt für den Nachlass, §§ 1975, 1990 BGB.
  • Nachlass ist wertlos und/oder überschuldet.
  • Erbe ist insolvent.

In den vorgenannten Fällen kann sich der Pflichtteilsberechtigte also direkt an den Beschenkten halten. Der Anspruch gegen den Beschenkten ist dabei allerdings grundsätzlich nicht auf Geld gerichtet, sondern auf „Herausgabe des Geschenks … wegen des fehlenden Betrags“.

Was kann der Pflichtteilsberechtigte fordern?

Der Beschenkte hat also im Ernstfall die Zwangsvollstreckung in den geschenkten Gegenstand zu dulden. Soweit der Ergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten geht, steht ihm dann der Erlös aus der Zwangsvollstreckung zu.

Lediglich wenn Schenkungsgegenstand ein Geldbetrag war, ist der Anspruch direkt auf Zahlung von Geld gerichtet.

Der Beschenkte kann die Herausgabe und nachfolgende zwangsweise Verwertung des Geschenks dadurch abwenden, indem er dem Pflichtteilsberechtigten einen entsprechenden Geldbetrag zur Verfügung stellt.

Wenn der geschenkte Gegenstand beim Beschenkten gar nicht mehr vorhanden ist und er auch keinen Ersatz für den Gegenstand (z.B. Kaufpreis) erhalten hat, entfällt die Haftung des Beschenkten nach § 2329 BGB.

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