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Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Pflichtteil verjährt in drei Jahren
  • Wann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen?
  • Besonderheiten bei der Verjährung des Pflichtteilergänzungsanspruchs

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Erbersatzanspruch, der immer dann eingreift, wenn der Erblasser in seinem Testament oder in einem vom Erblasser errichteten Erbvertrag einen Abkömmling (Kind, Enkel, Urenkel), seinen Ehepartner oder auch seine Eltern von der Erbfolge ausgeschlossen hat, § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Das Gesetz überstimmt in diesem Fall den Erblasser und legt fest, dass der Pflichtteilsberechtigte trotz der vom Erblasser angeordneten Enterbung einen Teil vom Erblasservermögen erhalten soll.

Der Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils der enterbten Person, § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB.

Pflichtteilsberechtigter muss aktiv werden

Nach Eintritt des Erbfalls muss der Pflichtteilsberechtigte aktiv werden, um seinen Pflichtteilsanspruch zu realisieren. Er muss auf den Erben zugehen und seinen Pflichtteil einfordern. Der Erbe ist ausdrücklich nicht verpflichtet, ohne eine entsprechende Aufforderung durch den Pflichtteilsberechtigten von sich aus den Pflichtteil zu regulieren.

Verfolgt der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch nach Eintritt des Erbfalls nicht, dann läuft er Gefahr, dass sein Anspruch irgendwann einmal der Verjährung unterliegt.

Ist die Verjährung erst einmal eingetreten, dann ist der Anspruch auf den Pflichtteil zwar nicht erloschen, der Erbe kann die Erfüllung des Pflichtteils aber zu Recht verweigern, § 214 Abs. 1 BGB.

Wann beginnt die Verjährung des Pflichtteils?

Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt innerhalb der gesetzlichen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren. Vor Ablauf dieser Dreijahresfrist muss der Pflichtteilsberechtigte entsprechende Maßnahmen in die Wege leiten, um am Ende nicht gänzlich leer auszugehen.

Der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist ist in § 199 BGB definiert. Danach beginnt die Verjährungsfrist für den Pflichtteil am Schluss des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, dass er durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde.

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Beispiel:

Der Erblasser ist am 20.02.2015 verstorben. Der Pflichtteilsberechtigte erfährt im März 2015 im Rahmen der Testamentseröffnung davon, dass ihn der Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossen hat:

Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt am 31.12.2018. Bis zu diesem Tag muss der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil realisiert haben oder zumindest den Lauf der Verjährung, z.B. durch Erhebung einer Klage vor Gericht, gehemmt haben, § 204 BGB.

Der Kenntnis von dem Erbfall und der Kenntnis von der Enterbung steht es gleich, wenn der Pflichtteilsberechtigten aufgrund grober Fahrlässigkeit in Unkenntnis über diese Tatsachen bleibt.

Ohne positive Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis entweder vom Erbfall selber oder vom Umstand der Enterbung läuft auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht.

Hat man als Pflichtteilsberechtigter vom Erbfall und vom Umstand der Enterbung keine Kenntnis, so gilt eine Verjährungshöchstgrenze von dreißig Jahren, § 199 Abs. 3a BGB.

Wann hat der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und Enterbung?

In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ist die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Ableben des Erblassers und von einer vom Erblasser angeordneten Enterbung unproblematisch festzustellen. Von beiden Umständen erfährt der Pflichtteilsberechtigte nämlich in aller Regel im Rahmen der Testamentseröffnung.

Hat der Pflichtteilsberechtigte allerdings vor Testamentseröffnung Kenntnis von dem wesentlichen Inhalt des Testaments bzw. Erbvertrages und damit seiner Enterbung, dann gilt dieser frühere Termin für die Bestimmung der dreijährigen Verjährungsfrist. Gegebenenfalls läuft die Dreijahresfrist mithin bereits vor der offiziellen Testamentseröffnung.

Ist ein Erblasser verschollen, dann kommt es für die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten maßgeblich auf den Zeitpunkt an, zu dem er von der offiziellen Todeserklärung des Erblassers erfahren hat.

Ist der Pflichtteilsberechtigte nach Eintritt des Erbfalls zwar vom Erblasser nicht enterbt worden, ist das Erbe aber mit Belastungen und Beschränkungen (z.B. in Form einer Testamentsvollstreckung, einer Nacherbschaft oder eines Vermächtnisses) verbunden, dann kann der Erbe nach § 2306 BGB sein belastetes Erbe ausschlagen und seinen unbelasteten Pflichtteil fordern.

Auch für diesen Fall gilt, dass die dreijährige Verjährungsfrist nicht erst mit dem Tag der Ausschlagung des Erbes beginnt, sondern ebenfalls mit Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Erbfall und dem Bestehen der Belastungen.

Wann verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Hatte der Erblasser zu Lebzeiten einem Dritten eine Schenkung gemacht, dann kann dieser Vorgang auch die Höhe des Pflichtteils beeinflussen. Nach der Regelung in § 2325 BGB steht dem Pflichtteilsberechtigten in diesem Fall ein so genannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zu.

Auch dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren. Auch hier ist es für den Beginn der Verjährungsfrist erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall und von seiner Enterbung Kenntnis hat.

Zusätzlich setzt der Beginn der Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB aber voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte auch von der Schenkung, die sein Pflichtteilsrecht beeinträchtigt, Kenntnis hat.

Erlangt er von der Schenkung erst später Kenntnis, dann kann es vorkommen, dass der originäre Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB bereits der Verjährung unterliegt, der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB aber noch unverjährt und durchsetzbar ist.

Besondere Verjährung bei Anspruch gegen den vom Erblasser Beschenkten

Eine verjährungsrechtliche Besonderheit besteht dann, wenn der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB vom Erben mit Recht zurückgewiesen werden kann. In solchen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte nach § 2329 BGB direkt von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes fordern.

Auch dieser gegen den Beschenkten direkt gerichtete Anspruch verjährt grundsätzlich nach drei Jahren. Hier gilt nach § 2332 BGB aber die Besonderheit, dass diese Verjährungsfrist (abweichend von § 199 BGB) unmittelbar mit dem Erbfall beginnt.

In aller Regel verjährt der Anspruch nach § 2329 BGB also vor dem originalen Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB.

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