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§ 2326 BGB - Ergänzung über die Hälfte des gesetzlichen Erbteils

Von: Dr. Georg Weißenfels

§ 2326 BGB - Ergänzung über die Hälfte des gesetzlichen Erbteils

Der Pflichtteilsberechtigte kann die Ergänzung des Pflichtteils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen ist. Ist dem Pflichtteilsberechtigten mehr als die Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Wert des mehr Hinterlassenen reicht.

Wenn einem Pflichtteilsberechtigten vom Erblasser in Testament oder Erbvertrag wertmäßig mehr als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils in Form einer Erbschaft oder in Form eines Vermächtnisses zugewandt wurde, dann kann der pflichtteilsberechtigte Erbe keinen Pflichtteil nach § 2303 BGB geltend machen. Nachdem er vom Erblasser nicht enterbt wurde, sondern die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils oder sogar mehr bekommen hat, ist er insoweit nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, so dass er auch nicht den Schutz des § 2303 BGB für sich in Anspruch nehmen muss.

Gleichwohl kann der Erblasser aber auch in dieser Situation den Nachlass durch lebzeitige Schenkungen geschmälert haben. Und genau davor schützt der § 2326 BGB den Pflichtteilsberechtigten und knüpft zum Schutz des pflichtteilsberechtigten Erben an die gesetzliche Regel des § 2325 BGB an.

Auch dann, wenn dem pflichtteilsberechtigten Erben oder Vermächtnisnehmer vom Erblasser wertmäßig mehr als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen wurde, kann dem Pflichtteilsberechtigten ein Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen der Schenkungen zustehen, die der Erblasser während der letzten zehn Jahre vor seinem Tod getätigt hat.

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Beispiel:

Der verwitwete Erblasser hat zwei Kinder A und B.
Im Jahr 2008 schenkt der Erblasser seinem Kind A einen Betrag in Höhe von 1 Mio.
Im Jahr 2013 verstirbt der Erblasser.
Der Nachlass beträgt zum Todestag 100.000.

Kind B hat einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2326 BGB, obwohl es gar nicht enterbt wurde, sondern in Höhe von ½ gesetzlicher Erbe wurde.

§ 2326 BGB gilt für den gesetzlichen wie den gewillkürten Erben

Für den Ergänzungsanspruch nach § 2326 BGB ist es unerheblich, ob der Pflichtteilsberechtigte gesetzlicher Erbe geworden ist oder durch ein Testament bedacht wurde. Entscheidend ist nur, das der Nachlass vor dem Erbfall durch Schenkungen im Wert gemindert wurde.

Diese Schenkungen werden nach der gesetzlichen Regel des § 2325 BGB dem Nachlass hinzugerechnet. Auf dieser Basis errechnet sich dann der Ergänzungsanspruch auch für denjenigen Erben, dem ein Erbteil hinterlassen wurde, der mindestens der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils entspricht.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2326 BGB besteht auch dann, wenn dem Pflichtteilsberechtigten mehr hinterlassen wurde als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils.

Wurde dem Pflichtteilsberechtigten aber mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils hinterlassen, so muss er sich diesen Mehrwert auf seinen Ergänzungsanspruch anrechnen lassen, § 2326 S. 2 BGB.

Ist der dem pflichtteilsberechtigten Erbe hinterlassene Erbteil mit Beschränkungen oder Beschwerungen belastet (z.B. mit einem Vermächtnis zugunsten eines Dritten) dann wird diese Belastung bei Ermittlung des Wertes des dem Erben hinterlassenen nicht mitgerechnet. Im Zweifel kann es in diesem Fall für den Erben günstiger sein, den belasteten Erbteil nach § 2306 BGB auszuschlagen und einen unbelasteten Pflichtteil incl. eines möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruchs geltend zu machen.

Der Ergänzungsanspruch nach § 2326 BGB ist im Normalfall gegen den Miterben geltend zu machen. Soweit dieser nicht zur Ergänzung verpflichtet ist, § 2329 BGB, ist Anspruchsgegner der vom Erblasser Beschenkte selber. Letzteres gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Pflichtteilsberechtigte vom Erblasser als Alleinerbe eingesetzt wurde, das Erblasservermögen aber vor dem Erbfall durch Schenkungen dezimiert wurde.

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