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Im Testament „vergessene“ Ehefrau kann das Testament nicht wirksam anfechten

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 07.05.2008 – 31 Wx 12/08

  • Verheirateter Erblasser gibt gegenüber dem Notar an, ledig zu sein
  • Nach dem Tod des Erblassers ficht die Ehefrau das Testament ihres Mannes wegen Irrtums an
  • Gerichte können nicht erkennen, dass sich der Erblasser in einem Irrtum befand

Einen eher ungewöhnlichen Fall hatte das OLG München aufzuklären.

Der 78jährige Erblasser war im Jahr 2006 verstorben und hatte kurz vor seinem Tod noch ein notarielles Testament erstellt. In diesem Testament hatte er eine Bekannte zur alleinigen Erbin eingesetzt. Auf die Frage des Notars, in welchem Familienstand er lebe, hatte der Erblasser angegeben, dass er ledig sei.

Erblasser lebt von seiner Frau getrennt

Tatsächlich war der Erblasser aber seitdem Jahr 1961 mit seiner Ehefrau verheiratet. Er lebte nur bereits seit geraumer Zeit von seiner Ehefrau getrennt, hatte aber bis in die jüngste Zeit Kontakt zu seiner Ehefrau, was sich unter anderem aus einer im Jahr 2005 gemeinsam abgegebenen Steuererklärung ergab.

Nach Testamentseröffnung erklärte die Ehefrau nunmehr die Anfechtung des Testaments, da sich der Erblasser offenbar über die Tatsache, dass er verheiratet gewesen sei, im Zeitpunkt der Testamentserrichtung in einem Irrtum befunden habe.

Gleichzeitig beantragte die Ehefrau einen Erbschein, der sie als Alleinerbin kraft gesetzlicher Erbfolge ausweisen sollte.

Abweichende Anträge auf Erlass eines Erbscheins werden gestellt

Die im notariellen Testament als testamentarische Erbin benannte Bekannte des Erblassers beantragte ihrerseits für sich einen Erbschein und hielt die Anfechtung der Ehefrau für unwirksam.

Die Ehefrau unterlag in dem gerichtlichen Verfahren in drei Instanzen. Am Ende wurde ein Erbschein ausgestellt, der die Bekannte als Alleinerbin kraft Testaments auswies.

Zur Begründung wies das OLG München darauf hin, dass die Ehefrau nicht habe beweisen können, dass sich der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung über die Tatsache seines Verheiratetseins im Irrtum befunden habe.

Es sei vielmehr schon vom Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen worden, dass die Angabe des – falschen – Familienstandes beim Notar auch ein Zeichen der Distanzierung des Erblassers von seiner Ehefrau gewesen sein könne.

Irrtum des Erblassers ergibt sich nicht auf dem Testament

Ebenfalls konnte das Gericht dem Vortrag der Ehefrau nicht folgen, wonach sich der Irrtum des Erblassers bereits aus der Urkunde des notariellen Testaments evident ergebe.

Hier wies das Gericht darauf hin, dass eine mittels einer Urkunde zwar der Beweis geführt werden könne, wonach die dort enthaltenen Erklärungen richtig wiedergegeben sind. Die Beweiskraft einer Urkunde erstrecke sich aber nicht darauf, dass die Erklärung inhaltlich richtig oder sogar frei von Irrtum ist.

Nachdem vom Landgericht als Beschwerdegericht auch sämtliche maßgeblichen Zeugen vernommen worden waren, wurde die weitere Beschwerde der Ehefrau vom OLG kostenpflichtig abgewiesen.

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