Übertragung der gesamten Wohnungseinrichtung im Testament und Bitte ein Vermächtnis zu erfüllen ist noch keine Erbeinsetzung
OLG München – Beschluss vom 15.07.2010 – 31 Wx 33/10
- Testament enthält nur sehr dürftige Anordnungen
- Testament regelt die Erbfolge gar nicht - Es gilt die gesetzliche Erbfolge
- Erbscheinsantrag wird vom OLG zurückgewiesen
Die hoch betagte kinderlose und ledige Erblasserin war im Juni 2009 gestorben. Sie hatte einer Bekannten B im Februar 2009 ein Kontovollmacht für ihre Bankkonten eingeräumt.
Im März 2009 hatte die Erblasserin ein privates Testament errichtet. Der Inhalt dieses Schriftstückes war allerdings ebenso kurz wie nachfolgend auslegungsbedürftig. Die Erblasserin ordnete nämlich in dem Testament lediglich an, dass die B berechtigt sein soll, „die gesamte Wohnungseinrichtung in Empfang zu nehmen“.
Weiter wurde die B in dem Testament gebeten, ein Vermächtnis in Höhe von 500 Euro an einen Herrn X zu erfüllen. Weitere Anordnungen enthielt das Testament nicht.
Beim Nachlassgericht wird ein Erbschein beantragt
Die Bekannte B beantragte sodann beim Nachlassgericht den Erlass eines Erbscheins, der sie aufgrund der Anordnungen in dem Testament als Alleinerbin ausweisen solle. Ihre Stellung als Alleinerbin leitete die Antragstellerin aus der Tatsache ab, dass die Erblasserin ihr Kontovollmacht eingeräumt und sie gebeten habe, das im Testament angeordnete Vermächtnis zu erfüllen.
Anfang 2010 erließ das Nachlassgericht antragsgemäß den von der B beantragten Erbschein, setzte die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses aber wohlweislich aus. An dem Erbscheinsverfahren war nämlich auch die als gesetzliche Erbin in Frage kommende E beteiligt worden, die in den Anordnungen in dem Testament auch nicht ansatzweise eine Erbeinsetzung erkennen konnte.
Ihrer Auffassung nach, enthielt das Testament der Erblasserin lediglich zwei Vermächtnisse. Im Übrigen habe sich die Erbfolge nach dem Gesetz zu richten. Erbin sei demnach nicht die Antragstellerin B, sondern sie selber als gesetzliche Erbin.
Beschluss des Nachlassgerichts wird vor dem OLG angefochten
Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts legte die E also Beschwerde zum OLG München ein. Das Beschwerdegericht gab der Beschwerde statt. Die Erbfolge richtete sich demnach nach dem Gesetz.
Zur Begründung führte das Gericht an, dass das Testament vom März 2009 unstreitig keine ausdrückliche Erbeinsetzung enthalte. Der B war vielmehr nur die – weitgehend wertlose – Wohnungseinrichtung vermacht worden. Die Zuwendung nur einzelner Gegenstände führt jedoch nach der Auslegungsregel in § 2087 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nicht zur Erbeinsetzung.
Von dieser gesetzlichen Auslegungsregel kann und muss, so das OLG, dann abgewichen werden, wenn die vermachten Gegenstände das ganze oder nahezu das ganze Vermögen des Erblassers ausmachen. Nachdem die Erblasserin aber über Geld- und Wertpapiervermögen verfügte, konnte der Übertragung der Wohnungseinrichtung eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden.
Bitte, ein Vermächtnis zu erfüllen, ist keine Erbeinsetzung
Auch der an die B in dem Testament gerichteten Bitte, ein Vermächtnis zu erfüllen, konnte das Gericht kein starkes Indiz für eine Erbeinsetzung abgewinnen. Hier hielt es das Gericht für mindestens ebenso wahrscheinlich, dass die Erblasserin der B den Auftrag nur im Hinblick auf die bestehende Kontovollmacht erteilt hatte.
Nachdem auch die Erteilung einer Kontovollmacht selber nicht mit einer Erbeinsetzung gleichzusetzen ist, musste der Erbscheinsantrag der B am Ende abgewiesen werden. Die Erbfolge nach der Erblasserin richtete sich nach dem Gesetz.
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