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Erblasser gibt sein Vermögen zu Lebzeiten weg – Kann ein Erbe den Pflichtteil fordern?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Auch einem Erbe können Pflichtteilsansprüche zustehen
  • Schenkungen des Erblassers müssen oft ausgeglichen werden
  • Unter Kindern und Enkeln des Erblassers besteht eine spezielle Ausgleichspflicht

Manchmal macht sich bei einem Erben nach dem Eintritt des Erbfalls Ernüchterung breit.

So gibt es immer wieder Fälle, bei denen der Erbe nach dem Eintritt des Erbfalls feststellen muss, dass er von seiner Erbenstellung in finanzieller Hinsicht fast gar nicht profitiert, weil der Erblasser sein Vermögen bereits zu Lebzeiten auf andere Personen übertragen hat.

Besonders belastend wird eine solche Situation von einem Betroffenen dann empfunden, wenn vom Erblasser der Großteil seines Vermögens auf nur eines von mehreren Kindern transferiert wurde.

Ein Kind wird vom Erblasser deutlich bevorzugt

Nach dem Erbfall stellt sich dann für dasjenige Kind, das bei der (lebzeitigen) Verteilung des Erbes deutlich zu kurz gekommen ist, die Frage, ob man an der Verteilung des Vermögens noch irgendetwas ändern kann.

Tatsächlich haben gerade nahe Familienmitglieder des Verstorbenen (insb. Kinder und Ehepartner) in einem solchen Fall durchaus die Möglichkeit, nach dem Eintritt des Erbfalls Korrekturen an der Vermögensverteilung vorzunehmen.

Als Beispielsfall soll hier ein verwitweter Vater mit drei Kindern A, B und C dienen.
Der Vater hat seine drei Kinder durch Testament als Erben zu je 1/3 eingesetzt.
Zu Lebzeiten hat der Vater aber umfangreiches Geld- und Immobilienvermögen in siebenstelliger Höhe an das Kind A übertragen.
Zum Todestag ist im Nachlass lediglich ein Geldbetrag in Höhe von 90.000 Euro vorhanden.

Nach dem Erbfall werden die drei Kinder des Erblassers nach den Anordnungen im Testament zunächst einmal gleichberechtigte Erben zu je 1/3. Jedes Kind erbt also 30.000 Euro.

Pflichtteil setzt grundsätzlich Enterbung voraus

Wenn Kind B und C jetzt nach Möglichkeiten für einen Ausgleich der lebzeitigen Zuwendungen an Kind A suchen, werden Sie feststellen, dass Ihnen nach § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) dem Grunde nach kein Anspruch auf den so genannten Pflichtteil zusteht.

§ 2303 BGB setzt nämlich voraus, dass ein grundsätzlich pflichtteilsberechtigter Erbe durch einen letzten Willen (Testament oder Erbvertrag) von der Erbfolge ausgeschlossen wurde.

Kind B und Kind C sind aber in dem Beispielsfall durch Testament ihres Vaters gerade nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, sondern ausdrücklich im Testament als Miterben eingesetzt worden.

Welche Möglichkeiten hat der Erbe, der zu kurz gekommen ist?

Mit dieser Erkenntnis ist der Fall aber längstens nicht abgeschlossen.

Ein erster und oft Erfolg versprechender Ansatzpunkt für Kind B und Kind C, die ungerechte Verteilung des Familienvermögens neu ordnen, bietet die Regelung in § 2325 BGB.

Nach dieser Norm kann auch ein (testamentarischer oder gesetzlicher) Erbe unter Umständen einen so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen, wenn der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten an Dritte verschenkt hat.

Schenkungen können zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen

Jede nachweisbare Schenkung, die vom Erblasser vor allem während der letzten zehn Jahre vorgenommen worden ist, führt gegebenenfalls nach § 2325 BGB zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch des benachteiligten Erben.

Erfüllen muss diesen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB in der Regel der Erbe, in besonderen Fällen nach § 2329 BGB auch die vom Erblasser beschenkte Person.

Eine weitere Möglichkeit für den gesetzlichen oder auch testamentarischen Erben, lebzeitige Verfügungen des Erblassers auszugleichen, bietet die gesetzliche Regelung in § 2316 BGB.

Eine Ausgleichung nach § 2316 BGB kommt grundsätzlich nur zwischen Abkömmlingen (Kindern, Enkeln) des Erblassers in Frage.

Auch nach Jahrzehnten muss eine Zuwendung unter Umständen ausgeglichen werden

Weitere unabdingbare Voraussetzung ist, dass ein Abkömmling zu Lebzeiten des Erblassers eine nach § 2050 BGB ausgleichungspflichtige Zuwendung erhalten hat.

Zu welchem Zeitpunkt vom Erblasser eine solche ausgleichungspflichtige Zuwendung an einen Abkömmling geleistet wurde, ist nicht relevant.

Anders als beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB können demnach auch Zuwendungen des Erblassers, die Jahrzehnte zurückliegen, nach den Vorschriften in §§ 2316, 2050 ff. BGB im Erbfall ausgeglichen werden.   

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