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Erbscheinverfahren vor dem OLG verloren? Welche Möglichkeiten hat man jetzt noch?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OLG fast nie möglich
  • Nach der Entscheidung des OLG kann man eine Feststellungsklage erheben
  • Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des OLG ist regelmäßig unzulässig

In einem Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins geht es oft um viel.

Je nachdem, wie die Entscheidung über den Erbschein ausfällt, geht manchmal ein beträchtliches Vermögen entweder an die Person A oder eben die Person B.

Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins dauern manchmal Jahre, beschäftigen zuweilen mehrere Gutachter und können, abhängig vom Nachlasswert, richtig teuer werden.

Eine streitige Auseinandersetzung beginnt meistens mit einem eher unschuldigen Antrag bei einem Nachlassgericht auf Erteilung des Erbscheins.

Grund für einen Streit um das Testament gibt es genug

Spätestens, wenn in der Sache aber plötzlich bisher unbekannte Testamente auftauchen oder ein existierendes Testament mit dem Argument angegriffen wird, dass der letzte Wille gar nicht vom Erblasser stammt bzw. der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung mit Sicherheit testierunfähig war, müssen sich alle Beteiligten warm anziehen.

Das Nachlassgericht als erste Instanz wird in einer solchen Situation (hoffentlich) den zugrunde liegenden Sachverhalt und alle vorgebrachten Einwände genau prüfen und am Ende eine Entscheidung zugunsten der einen oder eben der anderen Partei fällen.

Im Regelfall ist zumindest eine Partei mit dieser Entscheidung des Nachlassgerichts nicht einverstanden.

Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts

Die unterlegene Partei hat dann die Möglichkeit das Rechtsmittel der so genannten Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts einzulegen.

Wird diese Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt und sieht das Nachlassgericht (wie fast immer) keine Veranlassung, seine Entscheidung zu korrigieren, dann wird die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Vor dem OLG werden die Angelegenheit und die gegen die Entscheidung erster Instanz vorgebrachten Argumente in der Regel gründlich betrachtet und gegebenenfalls neue Beweise erhoben.

Am Ende des Beschwerdeverfahrens steht dann aber unweigerlich auch eine Entscheidung des OLG. Der Beschwerde wird entweder stattgegeben oder die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsbeschwerde zum BGH muss zugelassen werden

Gegen eine Entscheidung des OLG gibt es im Nachlassverfahren nur noch theoretisch die Möglichkeit, ein weiteres Rechtsmittel einzulegen.

Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist eine so genannte Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts nämlich nur dann möglich, wenn das OLG dieses Rechtsmittel in seiner Entscheidung zugelassen hat.

Eine Rechtsbeschwerde ist aber nach § 70 Abs. 2 FamFG nur dann vom OLG zuzulassen, wenn

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

Beide Voraussetzungen liegen bei einem Streit über einen Erbschein nur in den seltensten Fällen vor.

Beim OLG ist Endstation

Daher haben die Oberlandesgerichte in Erbscheinsangelegenheiten fast nie Veranlassung, eine Rechtsbeschwerde zum BGH zuzulassen.

Beim Oberlandesgericht ist daher im Erbscheinsverfahren regelmäßig Endstation.

Wer die Entscheidung des OLG im Erbscheinsverfahren aber für nachhaltig unrichtig hält, der hat noch weitere Möglichkeiten.

Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten

So steht es auch nach Abschluss eines Erbscheinsverfahrens jedem Beteiligten frei, sein Erbrecht durch eine so genannte Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten klären zu lassen.

In einem solchen Verfahren werden die gleichen Fragen, die bereits im Erbscheinsverfahren geklärt wurden, nochmals von den Gerichten beleuchtet.

Die Zivilgerichte sind dabei nicht an das Ergebnis des Erbscheinsverfahrens gebunden und rollen den Streit komplett neu auf.

Man benötigt freilich immer gute Gründe, ein Zivilgericht von der Unrichtigkeit der Entscheidung der Nachlassgerichte zu überzeugen.

Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht

Schließlich wurde in der Vergangenheit auch gelegentlich versucht, gegen die Entscheidung des OLG im Erbscheinverfahren Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht einzulegen.

Das Bundesverfassungsgericht nimmt solche Verfassungsbeschwerden aber regelmäßig mit dem Hinweis erst gar nicht zur Entscheidung an, dass solche Verfassungsbeschwerden dem Grundsatz der Subsidiarität nicht gerecht werden (so unlängst BVerfG, Beschluss vom 23.11.2016, 1 BvR 2555/16).

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