Im Erbscheinverfahren ist eine Verfassungsbeschwerde regelmäßig unzulässig

Von: Dr. Georg Weißenfels

Bundesverfassungsgericht – Beschluss vom 23.11.2016 – 1 BvR 2555/16

  • Erbscheinverfahren ist abgeschlossen
  • Unterlegene Partei erhebt Verfassungsbeschwerde
  • Bundesverfassungsgericht verweist auf die Möglichkeit einer Erbenfeststellungsklage

Das Bundesverfassungsgericht hatte über eine Verfassungsbeschwerde nach einem abgeschlossenen Erbscheinverfahren zu entscheiden.

Die Beschwerdeführer waren in einem Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht Ebersberg und dem Oberlandesgericht München unterlegen.

Die Beschwerdeführer beklagten, dass sie mit ihren Argumenten sowohl vor dem Nachlassgericht als auch vor dem Oberlandesgericht nicht gehört worden seien und die Gerichte es im Erbscheinverfahren insbesondere unterlassen hätten, eine ordentliche Beweisaufnahme durchzuführen.

Der Erbschein war in dem Verfahren im Ergebnis zugunsten einer anderen Person erteilt worden. Nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens hatten die Betroffenen keine Möglichkeit mehr, gegen die Entscheidung der Gerichte weitere Rechtsmittel zu ergreifen. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war vom Oberlandesgericht nicht zugelassen worden.

Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen im Erbscheinverfahren

In dieser Situation entschlossen sich die Betroffenen, gegen die für sie ungünstigen Entscheidungen des Amts- wie des Oberlandesgerichts Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zu erheben.

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde allerdings erst gar nicht zur Entscheidung an.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das Bundesverfassungsgericht darauf hin, dass die erhobene Verfassungsbeschwerde dem Grundsatz der Subsidiarität nicht gerecht werde.

Danach sei der Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde verpflichtet, sämtliche zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen,

„um die Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung durch die Fachgerichte zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern.“

Dabei räumte das Bundesverfassungsgericht durchaus ein, dass ein Rechtsmittel gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts in dem Erbscheinverfahren nicht mehr gegeben sei.

Verfassungsgericht verweist auf die Erbenfeststellungsklage

Es verwies die Beschwerdeführer aber auf die Möglichkeit der Einreichung einer so genannten Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten. Das so angerufene Zivilgericht sei nicht daran gehindert, von den Feststellungen der Gerichte im Erbscheinverfahren abzuweichen und zu einer anderen Bewertung der Erbfolge zu gelangen.

Im Rahmen einer solchen Erbenfeststellungsklage könnten die Beschwerdeführer, so das Bundesverfassungsgericht, ihre Argumente nochmals vorbringen und auf diesem Weg auch dafür sorgen, der gerügten Verletzung ihrer Grundrechte Abhilfe zu verschaffen.

Den Betroffenen sei es auch insbesondere zumutbar, eine solche Erbenfeststellungsklage zu erheben. Hiergegen spreche auch nicht, dass in der Angelegenheit vom Nachlassgericht bereits ein Erbschein erteilt worden war und die dort ausgewiesenen Erben mithin auf den Nachlass zugreifen konnten.

Dieser Gefahr könnten die betroffenen Beschwerdeführer durch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vor den ordentlichen Gerichten begegnen.

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