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Vorweggenommene Erbfolge – Berechnung der 10-Jahres-Frist für den Freibetrag für Schenkungen und Erbschaften

Von: Dr. Georg Weißenfels

BFH – Urteil vom 28.03.2012 – II R 43/11

  • Sohn bekommt von seinen Elternin einem Zeitraum von zehn Jahren zwei Grundstücke geschenkt
  • Das Finanzamt setzt Schenkungsteuer fest
  • Die Gerichte korrigieren das Finanzamt

Der Bundesfinanzhof als oberstes deutsches Finanzgericht musste letztinstanzlich einen Streit zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem klären, wie denn die 10-Jahres-Frist des § 14 Abs. 1 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) zu bemessen ist.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar ihrem Sohn am 31.12.1998 ein Grundstück geschenkt. In dem notariellen Schenkungsvertrag wurde gleichzeitig auch die dingliche Einigung zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück aufgenommen.

Exakt zehn Jahre später, am 31.12.2008 übertrug der Vater seinem Sohn unentgeltlich ein weiteres Grundstück mit einem Wert von 194.000 Euro.

Das Finanzamt fordert Schenkungsteuer

Das Finanzamt setzte für die Übertragung vom 31.12.2008 Schenkungsteuer fest. Das Finanzamt ging dabei davon aus, dass die Schenkung vom 31.12.2008 innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums nach § 14 Abs. 1 ErbStG liegen würde, mithin für diesen Vorgang kein (neuer) Steuerfreibetrag in Anspruch genommen werden kann.

Gegen den Steuerbescheid wurde – erfolglos – Einspruch erhoben. Das nachfolgend angerufene Finanzgericht gab dem Kläger Recht und billigte ihm den Freibetrag zu. Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte das Finanzamt Revision zum Bundesfinanzhof ein.

Doch auch vor dem Bundesfinanzhof erlitt das Finanzamt eine Niederlage.

Der kritische Zehn-Jahres-Zeitraum

Regelungsinhalt des § 14 ErbStG ist u.a., dass der in § 16 ErbStG gewährte Freibetrag für alle Schenkungen, die innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums von demselben Schenker an den Empfänger gemacht werden, gilt.

Die Schenkungen innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums werden zusammen gerechnet. Bleibt man im Ergebnis unterhalb der Freibetragsgrenze, bleiben sämtliche Schenkungen steuerfrei. Rutscht man in der Addition über die Grenze, fällt Steuer an.

Nach Ablauf der 10-Jahres-Frist steht der Freibetrag aus § 16 ErbStG wieder in voller Höhe zur Verfügung.

Wie wird die Zehn-Jahres-Frist ermittelt?

Der BFH hatte in dem Verfahren nun zu klären, wie die 10-Jahres-Frist des § 14 Abs. 1 ErbStG ermittelt wird. Nach § 14 Abs. 1 ErbStG wird der Wert von Schenkungen, die „innerhalb von zehn Jahren“ gegenüber dem Beschenkten vorgenommen werden, zur Bemessung der Schenkungsteuer zusammengerechnet.

§ 16 ErbStG gewähren dem steuerpflichtigen Bürger großzügige Freibeträge für den Fall einer Schenkung bzw. einer Erbschaft. So beträgt der Steuerfreibetrag für Eheleute z.B. 500.000 Euro, für Kinder 400.000. Bis zu diesen Beträgen sind Schenkungen also steuerfrei.

In dem zu entscheidenden Fall waren die maßgeblichen Schenkungen am 31.12.1998 und am 31.12.2008 vorgenommen worden. Der BFH stellte hierzu fest, dass der 10-Jahres-Zeitraum des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG „ausgehend vom letzten Erwerb rückwärts zu berechnen“ ist.

Auf die Berechnung der Frist sind die Regeln des BGB anzuwenden

Auf diese Berechnung seien, so der BFH, die §§ 187 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) anzuwenden.

Die Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG umfasst dabei auch den Tag der Entstehung des letzten Erwerbes. Im zu entscheidenden Fall begann die Frist demnach am 31.12.2008 um 24:00 und endete folgerichtig am 01.01.1999 um 0:00.

Damit lag aber die Schenkung vom 31.12.1998 außerhalb des kritischen 10-Jahres-Zeitraumes und konnte sich im Rahmen der Besteuerung nicht mehr auswirken.

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