Vorweggenommene Erbfolge – Übertragung des Familienwohnsitzes an Kinder – Nießbrauch oder dingliches Wohnrecht bestellen

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Vermögen steuerbegünstigt auf die nächste Generation übertragen
  • Wo ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?
  • Steuerfalle bei der Weitergabe des Familienheims vermeiden

Eine vernünftige Planung der eigenen Vermögensnachfolge beinhaltet regelmäßig auch Elemente der vorweggenommenen Erbfolge.

Es macht Sinn, nicht wortwörtlich bis zum Schluss zu warten, um sein Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen.

Wenn man in seine Vermögensnachfolgeplanung neben der Vererbung von Vermögen auch die lebzeitige Übertragung von Vermögen mit einfließen lässt, kann man, bei richtiger Gestaltung, nicht nur Steuern sparen, sondern auch einiges zu einer geräuschlosen Abwicklung der Erbschaft beitragen.

Immobilienbesitz auf die nächste Generation übertragen

Eine in der Praxis typische Gestaltung ist die lebzeitige Übertragung von Immobilienbesitz auf die eigenen Kinder.

Zu dem Gedanken, dass die Kinder ja irgendwann „ohnehin alles erben“ gesellt sich noch die durchaus verlockende Möglichkeit, durch eine lebzeitige Übertragung von Vermögen und das Ausnutzen von Freibeträgen im Erbfall Steuern zu sparen.

Gerade wenn die Kinder nicht beabsichtigen, den Familienwohnsitz nach dem Tod der Eltern selber zu Wohnzwecken zu nutzen, und sie damit nicht von der Steuerbefreiung bei Vererbung von Wohnimmobilien in § 13 Abs.1 Nr. 4c ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) profitieren können, kann man durch eine noch zu Lebzeiten vorgenommene Übertragung der Immobilie auf die Kinder tatsächlich Steuern sparen.

Wie können sich die Eltern ein Wohnrecht an der Immobilie sichern?

Nachdem jedoch die übertragenden Eltern auch nach Vollzug des lebzeitigen Übergang des Eigentums ein Dach über dem Kopf benötigen und eine zukünftige Veränderung der Beziehung der Eltern zu ihren Kindern nie ausgeschlossen werden kann, sollten sich die Eltern im Rahmen der Übertragung des Familienwohnsitzes in jedem Fall ein eigenes Wohnrecht sichern.

Rechtstechnisch lässt sich ein solches Wohnrecht auf zweierlei Weise bewerkstelligen.

Die Eltern können sich entweder ein so genanntes dinglich gesichertes Wohnrecht durch Eintragung in das Grundbuch besorgen oder die Parteien können zugunsten der Eltern ein Nießbrauchrecht an der Immobilie bestellen.

Beide Instrumente führen im Ergebnis dazu, dass die Eltern auch nach Weggabe des Eigentums an dem Familienwohnsitz diesen als Wohnstätte nutzen dürfen. Die Kinder können die Eltern also, auch im Falle einer erheblichen Abkühlung des Verhältnisses, nicht einfach an die frische Luft setzen.

Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dinglichem Wohnrecht und Nießbrauch besteht darin, dass sich der Nießbrauch auf sämtliche Nutzungen an der Immobilie bezieht, während ein Wohnrecht nur die Wohnnutzung durch die übertragenden Eltern ermöglicht.

Wenn die Eltern also mit dem Gedanken spielen, die Wohnnutzung nach Eigentumsübertragung auch an Dritte zu überlassen oder die Immobilie sogar zu vermieten (z.B. wenn man selber zum Pflegefall geworden ist) und auf diesem Weg Mieteinnahmen zu generieren, dann bietet sich die Vereinbarung eines Nießbrauchrechts an.

Das dingliche Wohnrecht wiederum kann – im Gegensatz zum Nießbrauch – auf einzelne Teile eines Gebäudes beschränkt werden. Wenn es also um eine klare Abgrenzung der jeweiligen Rechtssphären geht, wäre das dingliche Wohnrecht vorzugswürdig.

Steuerfalle vermeiden

Auf eine Steuerfalle müssen Elternteile achten, die den Familienwohnsitz selber steuerbefreit nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG von dem vorverstorbenen Ehepartner geerbt haben.

Die Steuerbefreiung nach der vorstehenden Norm setzt die Eigennutzung des Familienwohnsitzes durch den überlebenden Ehepartner für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren nach Erbfall voraus.

Teile der Literatur und wohl auch die Finanzverwaltung vertreten die Auffassung, dass die Nutzung der Immobilie in jedem Fall als Eigentümer vorgenommen werden muss.

Überträgt man das Eigentum aber vor Ablauf der Zehnjahresfrist und behält man sich „nur“ ein Wohnrecht oder einen Nießbrauch vor, so soll dies keine „Selbstnutzung“ im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG mehr sein.

In diesem Fall entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend und man kann auch noch Jahre nach einer Erbschaft mit einer Nachforderung von Erbschaftsteuer konfrontiert werden.

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