Die Erbschaft ist mit einem Nießbrauchsrecht belastet - Was bedeutet das?
- Ein Nießbrauch verschafft dem Berechtigten ein umfassendes Nutzungsrecht
- Ist die Erbschaft mit einem Nießbrauch belastet, geht dies zu Lasten des Erben
- Der Erblasser bestimmt den Umfang des Nießbrauchs
Sowohl bei der vorweggenommenen Erbfolge als auch bei der Erbfolge von Todes wegen spielt der so genannte Nießbrauch eine wichtige Rolle.
Der etwas antiquierte Begriff des „Nießbrauchs“ ist in § 1030 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) rechtlich wie folgt definiert:
„Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).“
Es geht bei der Bestellung eines Nießbrauchs also darum, dass eine Person A rechtlich Eigentümer einer Sache ist, eine Person B jedoch das Recht eingeräumt wird, die Sache zu nutzen und Vorteile aus ihr zu ziehen.
Übertragung einer mit einem Nießbrauchrecht belasteten Immobilie
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist beispielsweise die Übertragung des Eigentums an einer Immobilie an die Kinder und die gleichzeitige Bestellung eines Nießbrauchrechts zugunsten des länger lebenden Ehegatten weit verbreitet. Ebenso kann man in seinem Testament oder Erbvertrag verfügen, dass die Kinder (u.a. die Immobilie) erben sollen, gleichzeitig aber ein Vermächtnis zugunsten des Ehepartners aussetzen, das die Einräumung eines Nießbrauchrechtes beinhaltet.
Der Nießbrauch kann auf diesem Wege sowohl an beweglichen Sachen (z.B. Auto) als auch an unbeweglichen Sachen (Haus, Grundstück, Wohnung) und schließlich auch an Rechten (z.B. Gesellschaftsanteilen) eingeräumt werden.
Bei dem Nießbrauch handelt es sich rechtlich um ein so genanntes dingliches Recht. Dies bedeutet (im Unterschied zu schuldrechtlichen Rechten), dass dieses Recht nicht nur zwischen dem Besteller und dem Berechtigten des Nießbrauchs wirkt, sondern gegenüber jedem Dritten wirkt.
Veräußerung des Nießbrauchgegenstands lässt den Nießbrauch nicht erlöschen
So macht es beispielsweise für den Nießbrauchsberechtigten keinen Unterschied, ob die mit dem Nießbrauch belastete Wohnung von den Kindern als Erben veräußert wird. Die Belastung der Immobilie mit dem Nießbrauch ist im Grundbuch eingetragen und wirkt auch für und gegen den Erwerber.
Obwohl der Erwerber also im Beispielsfall das Eigentum an der Wohnung von den veräußernden Kindern erhält, erwirbt er die Wohnung nur inklusive des bestehenden Nießbrauchsrechts und ist somit an der Nutzung der Wohnung (z.B. durch Vermietung) gehindert. Der Nießbrauchsberechtigte ist gegenüber – jedem – Eigentümer zum Besitz der Sache berechtigt, auf den sich der Nießbrauch bezieht.
In welchem Umfang der Nießbrauch bestellt wird, ist alleine Sache des Eigentümers als Besteller des Nießbrauchs. § 1030 Abs. 2 BGB bestimmt, dass der Nießbrauch „durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden“ kann. So kann der Nießbrauch über eine Immobilie beispielsweise vorsehen, dass diese Immobilie vom Nießbrauchsberechtigten zwar selber genutzt, aber nicht an Dritte vermietet werden darf.
Nießbrauch kann nicht übertragen werden
Gemäß § 1059 Satz 1 BGB ist der Nießbrauch nicht übertragbar. Der Nießbrauch an einer Wohnung kann also nicht veräußert und auf eine andere Person überschrieben werden. Gleichwohl kann der Nießbrauch einer dritten Person zur Ausübung überlassen werden, § 1095 Satz 2 BGB.
Bei der Bestellung eines Nießbrauchsrechts ist zwingend die Frage zu klären, wer in welchem Umfang die Lasten des Nießbrauchsgegenstands tragen soll. Nachdem bei einem Nießbrauchsverhältnis Eigentümer und Nutzer der Sache verschieden sind, kommt diese Frage über kurz oder lang automatisch auf die Tagesordnung.
Die Regelung zwischen Eigentümer und Nießbrauchsberechtigtem kann dabei sowohl vorsehen, dass der Nießbrauchsberechtigte von sämtlichen mit der Sache verbundenen Nebenkosten im Verhältnis zum Eigentümer befreit sein soll. Im anderen Extremfall kann man dem Nießbrauchsberechtigten aber auch mit sämtlichen Aufwendungen für den Nießbrauchsgegenstand belasten.
Wer trägt die Unterhaltslast?
Das Gesetz sieht in den §§ 1041 bis 1046 BGB Regelungen vor, in welchem Umfang u.a. Aufwendungen für den Erhalt der Sache vom Nießbrauchsberechtigten zu tragen sind. Grundsätzlich soll den Nießbrauchsberechtigten demnach nur die „gewöhnliche Unterhaltungslast“ treffen. Von diesen gesetzlichen Bestimmungen kann jedoch zumindest im Verhältnis Nießbrauchsbesteller/-berechtigter abgewichen werden, nach umstrittener Meinung einiger Gerichte auch mit dinglicher Wirkung im Verhältnis zu Dritten.
Wirtschaftlich kann man mit der Bestellung eines Nießbrauchs an einer Sache ähnliche Ergebnisse erzielen, wie bei der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft. Die Stellung des Vorerben ist rechtlich jedoch stärker, kann er doch – mit Einschränkungen – über die zum Nachlass gehörenden Gegenstände verfügen. Dieses Recht hat der Nießbrauchberechtigte in keinem Fall.
Der Nießbrauch erlischt kraft Gesetz mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten, § 1061 BGB, und gegebenenfalls nach Vereinbarung der Parteien durch Zeitablauf oder den Eintritt einer Bedingung.
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