Eltern bestimmen in Berliner Testament „unsere Kinder“ als Erben – Geht der Nachlass nur an gemeinsame Kinder?
OLG Düsseldorf – Beschluss vom 28.08.2018 – I-3 Wx 6/18
- Eheleute haben gemeinsame und nicht gemeinsame Kinder
- Im Testament werden „unsere Kinder“ als Erben eingesetzt
- Gericht muss das Testament nach dem Erbfall auslegen und den Willen der Eheleute ermitteln
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einer Erbscheinsangelegenheit zu klären, ob mit dem Begriff „unsere Kinder“ in einem Ehegattentestament nur die gemeinsamen Kinder der Eheleute oder auch solche Kinder gemeint sind, die die Ehepartner mit jeweils anderen Partnern hatten.
Die Eheleute hatten drei gemeinsame Kinder A, B und C. Aus früheren Beziehungen hatten die Ehefrau noch eine Tochter D und der Ehemann einen Sohn E.
Die Eheleute hatten im April 1998 ein gemeinsames Testament verfasst, in dem sie sich zunächst gegenseitig als alleinige Erben einsetzten.
Eltern verfassen ein Berliner Testament
Weiter enthielt das Testament des Ehepaares folgende Bestimmung:
„Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils soll das Erbe zu gleichen Teilen an unsere Kinder verschenkt werden.“
Nach dem Tod des Ehemannes beantragte und erhielt die Ehefrau einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin ihres verstorbenen Mannes auswies.
Sohn des Ehemannes hält die Ehefrau für erbunwürdig
Der Sohn E des Ehemannes versuchte die Erbfolge nach seinem Vater noch zu verhindern, indem er eine Klage mit dem Ziel, die Ehefrau als erbunwürdig erklären zu lassen vor Gericht einlegte. Diese Klage wurde vom Gericht aber abgewiesen.
Nach dem Tod der Ehefrau beantragte deren Tochter D beim Nachlassgericht die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der die Kinder A, B, C und D als Erben zu je ¼ ausweisen sollte. Die Tochter D führte in diesem Zusammenhang aus, dass mit der Formulierung „unsere Kinder“ in dem Testament nicht nur die gemeinsamen leiblichen Kinder des Ehepaares gemeint seien, sondern eben auch sie selber als Kind der Erblasserin aus erster Ehe.
Tochter der Erblasserin beantragt einen Erbschein
Gegen diesen Erbscheinsantrag gab es seitens der gemeinsamen Kinder des Ehepaares A, B und C keinen Protest, sodass der Erbschein gemäß dem Antrag der Tochter D in der Folge erteilt wurde.
Kurze Zeit später meldete sich aber auch der Sohn E des vorverstorbenen Ehemannes beim Nachlassgericht und beantragte seinerseits die Erteilung eines Erbscheins, in dem alle fünf beteiligten Kinder als gleichberechtigte Erben ausgewiesen werden sollten.
Gegen diesen Antrag sprachen sich dann aber alle anderen beteiligten Kinder aus. Der Sohn E des vorverstorbenen Vaters sei nicht in die Familie integriert gewesen, soziale Kontakte hätten zu Sohn E nicht bestanden. Hingegen habe die Tochter D im gemeinsamen Haushalt der Eheleute gelebt und sei gleichsam als gemeinsames Kind anerkannt gewesen.
Nachlassgericht hört alle Beteiligten an
Das Nachlassgericht hörte in der Folge alle Beteiligten an und wies dann den Erbscheinsantrag des Sohnes E als unbegründet ab.
Gegen diese Entscheidung legte der Sohn E Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG schloss sich aber der Rechtsmeinung des Nachlassgerichts an und wies die Beschwerde ab.
In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass das Testament der Eheleute unklar und damit auslegungsbedürftig sei. Der wirkliche Wille des Erblassers sei zu ermitteln. Dabei sei bei einem gemeinsamen Testament immer der Willen beider Testierenden zu berücksichtigen.
OLG versteht unter „unsere Kinder“ nur die gemeinsamen Kinder
Ausgehend von den Angaben der beteiligten Kinder legten die Richter am OLG den in dem Testament verwendeten Begriff „unsere Kinder“ im Sinne von „unsere gemeinsamen Kinder“ aus. Die Kinder hatten in diesem Zusammenhang vor Gericht ausgesagt, dass die Eltern immer zwischen den gemeinsamen Kindern A, B und C auf der einen Seite und den Kindern D und E aus den ersten Ehen der Ehepartner unterschieden hätten.
Ausgehend von dieser in der Familie gepflegten Differenzierung sah es das OLG als folgerichtig an, auch hinsichtlich der Erbfolge zwischen gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern zu unterscheiden.
Es sei, so das OLG weiter, auch nicht ersichtlich, dass die Erblasserin den Sohn E des vorverstorbenen Ehemannes habe als Erben einsetzen wollen.
Schließlich stand auch der Umstand, dass die Tochter D – unwidersprochen – in ihrem eigenen Erbscheinsantrag noch angegeben hatte, dass unter dem Begriff „unsere Kinder“ nicht nur die leiblichen Kinder des Ehepaares zu verstehen seien, der Entscheidung des OLG nicht im Wege.
Hierzu teilte das OLG mit, dass dieser Umstand nicht zur Begründung des Antrages des Sohnes E herangezogen werden könne.
Dem Nachlassgericht gab das OLG aber auf zu prüfen, ob der der Tochter D erteilte Erbschein nicht von Amts wegen wieder eingezogen werden müsste.
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