Ein von einem Deutschen in Thailand errichtetes Testament, das die Geltung thailändischen Rechts anordnet, kann wirksam sein!
OLG Hamm – Beschluss vom 10.08.2021 – 10 W 53/21
- Deutscher errichtet in Thailand ein Testament
- Für seine in Deutschland gelegenen Wohnungen setzt der Erblasser seinen Sohn als Erben ein
- Tochter des Erblassers versucht erfolglos, das Testament anzugreifen
Das Oberlandesgericht hatte über die Wirksamkeit eines Testaments zu urteilen, das ein deutscher Staatsbürger in Thailand errichtet hatte.
In der Angelegenheit war ein Deutscher im Oktober 2019 in Deutschland verstorben.
Der Erblasser war im Jahr 2004 nach Thailand ausgewandert und lebte dort seit dem Jahr 2009 mit einer Thailänderin zusammen.
Erblasser hinterlässt einen Sohn und eine Tochter
In Deutschland hatte der Erblasser aus einer geschiedenen Ehe einen Sohn und aus einer weiteren Beziehung eine Tochter.
Der Erblasser hatte am 07.12.2016 in Thailand ein maschinenschriftliches Testament in deutscher und thailändischer Sprache errichtet.
Dieses Testament war in Thailand sowohl von dem Erblasser selber als auch von zwei Zeugen unterzeichnet worden.
Auf den Erbfall soll thailändisches Recht anwendbar sein
In diesem Testament bestimmte der Erblasser zunächst, dass auf seinen Erbfall thailändisches Recht anwendbar sein soll.
Weiter ordnete der Erblasser in dem Testament an, dass seine thailändische Lebensgefährtin bestimmte in Thailand befindliche Vermögensgegenstände erben soll.
Sein in Deutschland lebender Sohn solle, so das Testament weiter, u.a. drei in Deutschland gelegene Eigentumswohnungen erben.
Tochter des Erblassers soll nur ein Vermächtnis erhalten
Aus dem Vermögen, das der Sohn erben sollte, sei der Tochter des Erblassers ein Betrag in Höhe von 10.000 Euro auszuzahlen. Weitere Ansprüche sollten der Tochter des Erblassers nicht zustehen.
Nach in Deutschland erfolgter Testamentseröffnung beantragte der Sohn der Erblassers einen nach § 352 c FamFG auf das in Deutschland gelegene Vermögen beschränkten Erbschein.
Die Tochter des Erblassers widersprach diesem Erbscheinsantrag ihres Halbbruders.
Die Tochter des Erblassers vertrat dabei die Auffassung, dass auf den Fall nicht thailändisches, sondern deutsches Recht angewendet werden müsse.
Wo war der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers?
Auch habe der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und nicht in Thailand gehabt. Der Erblasser sei, so die Tochter, auch nicht der thailändischen Sprache mächtig gewesen.
Das Nachlassgericht befand die von der Tochter des Erblassers vorgebrachten Argumente nicht für überzeugend und stellte die Erteilung des von dem Sohn des Erblassers beantragten Erbscheins in Aussicht.
Gegen diese Entscheidung legte die Tochter des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
OLG weist die Beschwerde als unbegründet ab
Das OLG teilte aber die Rechtsauffassung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass auf den Erbfall nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO thailändisches Recht anwendbar sei, da der Erblasser in Thailand seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.
Thailand sei für den Erblasser für die Jahre vor seinem Ableben der „Daseinsmittelpunkt“ gewesen.
Daran würde auch der Umstand, dass der Erblasser seine Brücken nach Deutschland nicht komplett abgebrochen hatte und hin und wieder Verwandte in Deutschland besuchte, nichts ändern.
Welches Recht gilt für das Vermögen in Deutschland?
Für das in Deutschland gelegene unbewegliche Vermögen würde nach den Vorschriften in Art 34 Abs. 1 EuErbvO i.V.m. § 37 IPRG (Gesetz zum thailändischen internationalen Privatrecht) das Recht des Ortes gelten, an dem sich das Vermögen befindet.
Danach würden sich, so das OLG, die drei in Deutschland gelegenen Eigentumswohnungen des Erblassers nach deutschem Recht vererben.
Nachdem der Erblasser in seinem Testament vom 07.12.2016 seinen Sohn als Alleinerben seiner in Deutschland gelegenen Wohnungen eingesetzt habe und dieses Testament nach thailändischem Recht auch wirksam errichtet worden sei, können zu Gunsten des Sohnes des Erblassers auch der beantragte Erbschein erlassen werden.
Die von der Tochter des Erblassers im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände gingen vor diesem Hintergrund ins Leere.
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