Deutsche im Ausland – Altes Testament oder Erbvertrag? Welches Recht gilt?
- Seit dem 17.08.2015 bestimmt der Aufenthalt das Erbrecht
- Was gilt, wenn es ein altes Testament gibt?
- Möglicher Vertrauensschutz und Geltung deutschen Erbrechts
Für deutsche Staatsbürger, die im Ausland leben, hat sich in erbrechtlicher Hinsicht seit dem 17.08.2015 Gravierendes geändert.
Seit dem 17.08.2015 gilt nämlich die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). In dieser Verordnung ist unter anderem geregelt, welches nationale Recht auf die Beurteilung eines Erbfalls zur Anwendung kommt.
Nach Artikel 21 EuErbVO kommt es dabei in aller Regel auf das Recht des Staates an, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Der deutsche Rentner, der seinen Lebensabend beispielsweise auf Teneriffa oder in der Toskana verbringt, muss damit rechnen, dass es für sein Erbrecht gerade nicht mehr auf seine Staatsangehörigkeit, sondern auf seinen Aufenthalt im Süden Europas ankommt.
Ausländisches Erbrecht für deutschen Erblasser
Tritt der Erbfall ein, dann sieht die EuErbVO vor, dass für den deutschen Rentner eben spanisches oder italienisches Erbrecht anzuwenden ist.
Natürlich wird einem deutschen Staatsbürger im Ausland die Geltung ausländischen (und vermutlichen fremden) Rechts nicht aufgezwungen.
Vielmehr hat man nach Artikel 22 EuErbVO jederzeit die Möglichkeit, in einem Testament oder Erbvertrag festzulegen, dass man für seinen Erbfall die Geltung deutschen Erbrechts wünscht. Eine solche Rechtswahl ist dann von allen Beteiligten zu respektieren. Wichtig ist lediglich, dass man die Rechtswahl in einem letzten Willen (Testament oder Erbvertrag) vornimmt.
In vielen Fällen versäumen es im Ausland lebende Deutsche aber, sich mit der Abfassung eines Testaments und der neuen Europäischen Erbrechtsverordnung zu beschäftigen.
Dies liegt häufig daran, dass die Betroffenen bereits vor Jahren oder Jahrzehnten ein entsprechendes Testament in der deutschen Heimat errichtet haben und sich vor diesem Hintergrund auf der sicheren Seite wähnen.
Bestimmung des anzuwendenden Rechts im Testament?
Fakt ist allerdings, dass auch mit Hilfe eines deutschen Notars errichtete ältere Testamente in aller Regel keine Bestimmung des anzuwendenden Rechts enthalten. Jedermann war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass für ein in Deutschland errichtetes Testament eben auch deutsches Erbrecht anwendbar ist.
Wer als Auslandsdeutscher heute noch mit einem alten Testament oder Erbvertrag ausgestattet ist, dem kann aber gegebenenfalls auch nach Inkrafttreten der EuErbVO geholfen werden.
In vielen Fällen wird nämlich in einem solchen Fall die Bestimmung des Art. 83 Abs. 4 EuErbvO eingreifen und den Erbfall wieder zum deutschen Recht zurückführen.
Vertrauensschutz für deutsche Erblasser mit Testament
Nach Art. 83 Abs. 4 EuErbvO gilt nämlich folgendes:
Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17. August 2015 nach dem Recht errichtet, welches der Erblasser gemäß dieser Verordnung hätte wählen können, so gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes fingiert die EuErbVO danach für Testamente und Erbverträge, die von einem Deutschen in Deutschland nach deutschem Recht und vor dem 17.08.2015 errichtet wurden, die Geltung deutschen Erbrechts.
Es wird so getan, als ob der Erblasser deutsches Recht in seinem Testament gewählt hätte.
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