Gemeinschaftliches Ehegattentestament wird nach Scheidung unwirksam – Und bleibt es auch bei Wiederverheiratung
OLG Hamm – Beschluss vom 26.08.2010 – I-15 Wx 317/09
- Eheleute setzen sich im Testament gegenseitig als Erben ein
- Jahre später wird die Ehe geschieden
- Das Testament bleibt trotz späterer Wiederverheiratung unwirksam
Das Oberlandesgericht Hamm hatte im Rahmen eine Erbscheinverfahrens zu klären, ob ein gemeinschaftliches Ehegattentestament auch dann noch die Erbfolge nach dem Tod eines Partners regelt, wenn die Eheleute sich vor Jahren haben scheiden lassen und sich kurz vor dem Erbfall wiederverheirateten.
In der zu entscheidenden Angelegenheit hatten die Eheleute im Jahr 1970 geheiratet. Im Jahr 1979 gingen die Eheleute zu einem Notar und errichteten ein gemeinschaftliches Testament. In diesem Testament setzten sie sich wechselseitig als Alleinerben ein.
Der Scheidung folgt Jahre später die Wiederverheiratung
Im Jahr 1987 wurde die Ehe geschieden. Dies hielt die beiden Ex-Eheleute aber nicht davon ab, im Jahr 1994 ihre Beziehung wieder aufzunehmen.
Am 18.02.2009, nur einen Tag vor dem Ableben des Ehemannes, gaben sich die beiden dann erneut das Jawort und heirateten ein zweites Mal.
Nach dem Tod ihres Ehemannes beantragte die Witwe sodann beim Nachlassgericht den Erlass eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin nach ihrem Mann ausweisen sollte.
Nachlassgericht verweigert den beantragten Erbschein
Das Nachlassgericht wies diesen Antrag zurück, nachdem es diverse Familienmitglieder des Erblassers als Zeugen gehört hatte.
Das Nachlassgericht begründete seine Entscheidung mit der Erwägung, dass das gemeinschaftliche Ehegattentestament durch die im Jahr 1987 erfolgte Scheidung unwirksam geworden sei.
Das Nachlassgericht konnte keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Eheleute den Willen gehabt hätten, ihr Testament im Falle der Scheidung und Wiederverheiratung fortgelten zu lassen.
Die zum Landgericht gerichtete Beschwerde der Witwe und Antragstellerin blieb erfolglos. Sie legte sodann weitere Beschwerde zum OLG Hamm ein.
Aber auch vor dem Gericht der weiteren Beschwerde blieb die Beschwerdeführerin erfolglos.
Das OLG wies in der Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass die Instanzgerichte zu Recht davon ausgegangen seien, dass das Testament aus dem Jahr 1987 durch die Scheidung der Eheleute unwirksam geworden sei, § 2268, 2077 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Sollte das Testament auch für den Fall der Scheidung gelten?
Eine Wirksamkeit des Testaments auch nach Scheidung der Eheleute sei nach § 2268 Abs. 2 BGB nur dann anzunehmen, wenn man davon ausgehen könne, dass es der Wille beider Ehepartner gewesen sei, dass das Testament auch für den Fall der Scheidung getroffen wurde.
Für eine solche Feststellung konnten weder die Instanzgerichte noch das OLG hinreichende Hinweise finden. Die spätere Wiederverheiratung ändere grundsätzlich nichts an der Tatsache, dass ein gemeinsames Testament im Falle der Scheidung unwirksam wird.
Eine von diesem Grundsatz abweichende Literaturmeinung verwarf das OLG mit Hinweis auf Rechtsprechung des BGH (NJW 2004, 3113) ausdrücklich.
Kein Verstoß gegen das Grundgesetz
Auch ein von der Beschwerdeführerin vorgetragener Verstoß gegen Art.6 Grundgesetz konnten die Richter des OLG nicht erkennen. Sie verwiesen vielmehr darauf, dass es Eheleuten nach der Wiederverheiratung unbenommen sei, erneut ein gemeinsames Testament zu errichten.
Rechtlich nicht zu beanstanden sei schließlich die Beweiswürdigung des Landgerichts gewesen, die einen entsprechenden Fortgeltungswillen bei den Eheleuten verneinte.
Eine solche Wertung sei, so das OLG, zwar nicht zwingend, aber doch möglich und demfolgend nicht zu beanstanden.
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