Auch ein nicht unterschriebenes Testament kann wirksam sein
AG Euskirchen - Beschluss vom 31.07.2013 - 3 VI 111/13
- Erblasser errichtet ein Testament, ohne dieses zu unterschreiben
- Eine Unterschrift findet sich aber auf einem zweiten Blatt Papier
- Nachlassgericht beurteilt das Testament als wirksam
Das Amtsgericht Euskirchen hatte die Wirksamkeit eines vom Erblasser nicht unterzeichneten Testaments zu beurteilen.
Der Erblasser in der zugrunde liegenden Angelegenheit war im November 2012 verstorben. Er hinterließ einen leiblichen Sohn und eine Pflegetochter, die der Erblasser zwar nie adoptiert, zu der der Erblasser aber offenbar ein sehr enges Verhältnis hatte.
Im Jahr 1996 hatte der Erblasser ein handschriftliches verfasstes und auch unterzeichnetes Testament errichtet, mit dem er seinen leiblichen Sohn von der Erbfolge ausschloss.
Im Jahr 2012 errichtete der Erblasser dann ein weiteres Testament, das einige Besonderheiten aufwies. Das Blatt, auf dem die erbrechtlichen Verfügungen niedergeschrieben war, trug zwar den Titel "Mein Testament".
Pflegetochter wird im Testament als Alleinerbin eingesetzt
Weiter konnte man dem Testament entnehmen, dass der Erblasser seine nicht leibliche Pflegetochter als Alleinerbin eingesetzt hat. Auch enthielt das Testament weitere erbrechtliche Verfügungen wie die Aussetzung diverser Vermächtnisse.
Und schließlich bekräftigte der Erblasser in diesem Testament aus dem Jahr 2012 nochmals seinen Willen, dass sein leiblicher Sohn von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll.
Das Besondere an diesem Testament war jedoch, dass es vom Erblasser nicht unterschrieben worden war.
Unterschrift befindet sich nicht unter dem Testamentstext
Dafür fand sich die Unterschrift des Erblassers auf einem zweiten Blatt Papier, dass offenbar in unmittelbarem Zusammenhang mit dem handschriftlichen und nicht unterzeichneten Testament verfasst worden war.
Dieses zweite Dokument war allerdings maschinengeschrieben, enthielt aber gleichwohl auch die Anordnung, dass die Pflegetochter Alleinerbin sein sollte.
Lediglich die personenbezogenen Angaben zur Alleinerbin, sowie das Datum und die Unterschrift waren auf diesem zweiten Dokument mit der Hand geschrieben worden.
Dieses maschinengeschriebene Dokument ließ der Erblasser noch von zwei Zeugen unterzeichnen und heftete es nachfolgend mit dem handschriftlich verfassten aber nicht unterschriebenen Testament zusammen.
Testamentserbin beantragt einen Erbschein
Anfang 2013 stellte die Pflegetochter beim Nachlassgericht den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte.
Zur Begründung dieses Antrags legte sie dem Gericht das handschriftliche Testament aus dem Jahr 1996 sowie die Kombination aus nicht unterzeichnetem und maschinengeschriebenen Testament aus dem Jahr 2012 vor.
Der leibliche Sohn, wenngleich enterbt, wandte sich gegen diesen Antrag. Er ließ das Gericht wissen, dass das Testament formunwirksam, da nicht unterzeichnet sei. Gleichzeitig äußerte Zweifel an der Echtheit der Unterschrift seines Vaters auf dem maschinengeschriebenen Dokument.
Das Gericht vernahm die beiden Personen, die auf dem maschinengeschriebenen Dokument unterzeichnet hatten als Zeugen und entschied dann zugunsten der Pflegetochter.
Kein Zweifel an der Echtheit der Unterschrift
In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass es an der Echtheit der Unterschrift des Erblassers auf dem maschinengeschriebenen Dokument auf Grundlage von eingesehenen Vergleichsunterschriften keine Zweifel habe.
Und auch die Tatsache, dass der Erblasser den handschriftlichen Text nicht unterschrieben habe, stehe der Annahme eines wirksamen Testaments nicht entgegen.
Zwar sei der handschriftliche Text für sich genommen aufgrund der fehlenden Unterschrift kein formwirksames Testament.
Das handschriftlich Niedergelegte sei aber in Zusammenhang mit der Unterschrift auf dem zweiten maschinengeschriebenen Dokument zu sehen, auf dem der Erblasser sowohl Datum als auch Uhrzeit festgehalten habe.
Handschriftlicher Text wird durch Unterschrift legitimiert
Das Gericht zog aus diesem Verhalten des Erblassers den Schluss, dass er sehr wohl ein wirksames Testament errichten wollte und den handschriftlichen Text auch durch die Unterschrift auf dem zweiten Dokument legitimieren wollte.
Mit Hinweis auf Rechtsprechung des OLG Hamm wertete das Amtsgericht die vorliegenden Dokumente als eine "Gesamturkunde" mit deren Hilfe der Erblasser seine Erbfolge insgesamt regeln wollte.
Dem Erbscheinsantrag der Pflegetochter wurde dem folgend entsprochen.
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