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Behindertentestament – Welche erbrechtlichen Instrumente funktionieren nicht?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Zugriff des Sozialhilfeträgers steht im Raum
  • Eltern können den Zugriff des Sozialhilfeträgers verhindern
  • Eine Enterbung ist ebenso untauglich wie eine Schlusserbeneinsetzung des Kindes

Eltern, die ein behindertes Kind haben, suchen oft nach einer Erbfolgeregelung, die besonders den Interessen ihres Kindes gerecht wird.

Nach dem eigenen Ableben wollen die Eltern in erster Linie sichergestellt wissen, dass es ihrem behinderten Kind gut geht und das Kind jede nur mögliche Unterstützung erhält.

Oft spielt bei der Regelung der Erbfolge in diesem Zusammenhang auch der Wunsch der Eltern eine Rolle, dass sichergestellt wird, dass nach dem Ableben des behinderten Kindes selber das Vermögen in der Familie, sei es bei weiteren Kindern oder nahen Angehörigen, verbleibt.

Überlegungen zum Behindertentestament werden aber oft vor allem von einer Sorge der Eltern überlagert: Die Eltern wollen in jedem Fall verhindern, dass der Sozialhilfeträger, der Leistungen für das behinderte Kind erbringt, auf die Erbschaft des Kindes zugreifen können.

Sozialhilfe erhält nicht, wer sich selbst helfen kann

Im Sozialhilferecht gilt der Grundsatz, dass der Leistungsempfänger vorrangig eigenes Einkommen und eigenes Vermögen einzusetzen hat, bevor der Staat einspringt, § 2 SGB XII (Sozialgesetzbuch 12. Teil).
Ist der Sozialhilfeträger in Vorleistung gegangen und erwirbt der Leistungsempfänger nachfolgend Vermögen, dann kann der Sozialhilfeträger auf dieses Vermögen zugreifen.

Macht das behinderte Kind demnach eine Erbschaft, dann hat der Sozialhilfeträger jederzeit die Möglichkeit, den Erbanspruch des Kindes auf sich überzuleiten und im eigenen Namen geltend zu machen.

Nach § 93 Abs. 1 SGB XII gilt nämlich folgendes:

Hat eine leistungsberechtigte Person … für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht.

Setzen Eltern ihr behindertes Kind in ihrem Testament also ohne weiteres als Erbe ein, kann es passieren, dass das behinderte Kind von der Erbschaft nichts hat, da der Sozialhilfeträger via § 93 Abs. 1 SGB XII auf die Erbschaft zugreift.

Man kann den Zugriff des Sozialhilfeträgers vermeiden

Es gibt – zulässige – erbrechtliche Konstruktionen, die genau diesen Zugriff des Sozialhilfeträgers verhindern. Einzelheiten zu solchen Konstruktionen können hier nachgelesen werden.

Im folgenden sollen diejenigen Konstruktionen aufgezeigt werden, die bei einem Testament zugunsten eines behinderten Kindes insbesondere den Zugriff des Sozialhilfeträgers nicht verhindern.

Das behinderte Kind enterben

So ist es nicht zweckmäßig, wenn Eltern ihr behindertes Kind durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausschließen.

Soweit die Eltern mit einer solchen Aktion den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf die Erbschaft ausschließen wollen, werden die Eltern nur teilweise erfolgreich sein.

Mit der Enterbung ist nämlich automatisch ein Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes verbunden. Diesen Pflichtteilsanspruch kann der Sozialhilfeträger aber nach dem Eintritt des Erbfalls auf sich überleiten und gegen den Erben geltend machen.

Im Ergebnis fließt bei einer Enterbung des behinderten Kindes demnach gegebenenfalls Familienvermögen an den Sozialhilfeträger ab.

Das behinderte Kind mit Pflichtteilsklausel als Schlusserben einsetzen

Auch dann, wenn die Eltern ein klassisches Berliner Testament aufsetzen, mit dem sie sich zunächst wechselseitig als Erben und das behinderte Kind als Schlusserben einsetzen, ist ein Zugriff des Sozialhilfeträges möglich.

Selbst wenn die Eltern in ihrem Berliner Testament eine so genannte Pflichtteilsklausel aufgenommen haben, wonach das behinderte Kind dann im zweiten Erbfall nur den Pflichtteil verlangen kann, wenn es im ersten Erbfall den Pflichtteil gefordert hat, ist der Sozialhilfeträger nicht gehindert, auch im ersten Erbfall den Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes auf sich überzuleiten und einzufordern.

Weniger als den Pflichtteil zuwenden

Schließlich ist es auch nicht zweckmäßig, wenn die Eltern ihr behindertes Kind zwar nicht enterben, aber dafür dem Kind eine Zuwendung machen, die wertmäßig unter dem Pflichtteil liegt.

Auch in diesem Fall kann der Sozialhilfeträger nämlich nicht nur auf den – geringwertigen – Erbteil des behinderten Kindes zugreifen, sondern gegebenenfalls auch nach § 2305 BGB den so genannten Zusatzpflichtteil einfordern.

Im Ergebnis steht also auch bei dieser Variante der volle Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes im Feuer.

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