Der Änderungsvorbehalt beim Berliner Testament - Gefahr für das Erbrecht der Kinder!
- Die Erbeinsetzung des Ehepartners im Testament führt oft zu Pflichtteilsansprüchen der Kinder
- Ein gemeinsames Ehegattentestament erzeugt unter Umständen eine Bindungswirkung
- Darf der überlebende Ehepartner die Erbfolge neu bestimmen?
In der Praxis ist es durchaus nicht unüblich, dass sich Eheleute in einem gemeinsam verfassten Testament zunächst wechselseitig als Erben einsetzen und in dem Testament gleichzeitig bestimmen, dass die gemeinsamen Kinder nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners das Familienvermögen als so genannte Schlusserben erhalten sollen.
Mit Hilfe einer solchen Erbfolgeregelung sichern sich die Eheleute zunächst gegenseitig ab und geben am Ende das Vermögen an die eigenen Kinder weiter.
Probleme gibt es, wenn die Kinder ihren Pflichtteil fordern
Eine solche Konstruktion funktioniert im Regelfall auch reibungslos. Störfeuer kann unter Umständen von den Kindern im ersten Erbfall kommen, wenn die Kinder ihren Pflichtteil fordern. De facto sind die Kinder im ersten Erbfall ja von der Erbfolge ausgeschlossen und können daher nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Diesem Risiko begegnen die Eheleute oft mit der Aufnahme einer so genannten Pflichtteilsstrafklausel im Testament. Diese Klausel besagt, dass dasjenige Kind, das im ersten Erbfall seinen Pflichtteil fordert, auch im zweiten Erbfall lediglich seinen Pflichtteil erhält. Mit Hilfe dieser Regelung hoffen die Eltern die Kinder zu disziplinieren und von der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen abzuhalten.
Die Bindungswirkung des Berliner Testaments
Die erbrechtliche Position der Kinder in einem Berliner Testament ist eigentlich recht solide.
Die Kinder sind in dem Testament als Schlusserben benannt, können sich also dem Grunde nach sicher sein, dass sie zumindest nach dem zweiten Erbfall am Familienvermögen partizipieren.
Ist der erste Ehepartner verstorben, so sorgt eine gesetzliche Bestimmung dafür, dass es sich der überlebende Ehepartner die gemeinsame Erbfolgeregelung nicht einfach auf den Kopf stellen kann.
Nach § 2271 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gilt nämlich folgendes:
Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten;
Das bedeutet, dass der überlebende Ehepartner das Familienvermögen nicht ohne weiteres auf andere Schlusserben übertragen kann, als diejenigen, die im gemeinsamen Testament von beiden Ehepartnern benannt worden sind.
Der überlebende Ehepartner ist demnach grundsätzlich an die gemeinsam getroffene Erbfolgeregelung gebunden.
Vorsicht Änderungsvorbehalt im Testament!
Kinder, die mit einem Berliner Testament konfrontiert werden, müssen allerdings genau aufpassen.
Den Eheleuten ist es nämlich unbenommen in ihr Testament einen Änderungsvorbehalt aufzunehmen, wonach der überlebende Ehepartner nach dem Eintritt des ersten Erbfalls berechtigt sein soll, die im Berliner Testament vorgesehene Schlusserbeneinsetzung aufzuheben oder abzuändern.
Eine solche Änderungsbefugnis kann sowohl im ursprünglichen Testament oder auch zeitlich nachfolgend in einer eigenen letztwilligen Verfügung beider Ehepartner vorgesehen sein.
In diesem Fall kann die Bindungswirkung des Berliner Testaments für den überlebenden Ehepartner entfallen.
Der überlebende Ehepartner ist frei, seine Erbfolge vollkommen neu zu regeln. Er kann in diesem Fall insbesondere die ehedem als Schlusserben vorgesehenen Kinder von der Erbfolge ausschließen.
Wie können die Kinder reagieren?
Entdecken die Kinder in einem Berliner Testament einen solche Abänderungsvorbehalt, sollte zunächst überprüft werden, wie umfassend die Änderungsmöglichkeit ist. Es muss insbesondere die Frage abgeklärt werden, ob der überlebende Ehepartner auch befugt sein soll, Verfügungen des zuerst versterbenden Ehepartners abzuändern.
Ist damit zu rechnen, dass der überlebende Ehepartner von seiner Abänderungsbefugnis zulasten der Kinder Gebrauch macht, kann es für die Kinder empfehlenswert sein, bereits nach dem ersten Erbfall den Pflichtteil zu verlangen, um sich auf diesem Weg eine Mindestbeteiligung am Nachlass zu sichern.
Dabei sollten die Kinder nie aus dem Auge verlieren, dass Pflichtteilsansprüche einer Verjährungsfrist unterliegen. Für den Pflichtteil gilt grundsätzlich die Regelverjährung von drei Jahren nach § 195 BGB.
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