Der Erblasser setzt im Testament einen seiner Abkömmlinge ein und dieser stirbt vor dem Erbfall – Wie ist die Erbfolge?
- Im Zweifel muss ermittelt werden, was der Erblasser wollte
- Gibt es Hinweise im Testament?
- Zuletzt kann man auf eine gesetzliche Auslegungsregel zurückgreifen
Eine weitere Auslegungsregel im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beschäftigt sich in § 2069 BGB mit dem Fall, dass der Erblasser eines oder mehrere seiner Kinder in seinem Testament durch eine Erbeinsetzung, ein Vermächtnis oder eine Auflage bedacht hat und dieses Kind dann nach Testamentserrichtung aber vor dem Erbfall als Begünstigter „wegfällt“.
Dieses Wegfallen kann verschiedene Gründe haben. Am häufigsten wird der Fall gegeben sein, dass das im Testament bedachte Kind vor dem Erbfall selber stirbt.
Von einem Wegfall im Rechtssinne wird aber auch gesprochen, wenn das Kind wegen Erbunwürdigkeit nicht zum Zuge kommt oder aber das Erbe oder das Vermächtnis ausgeschlagen hat.
Kind fällt als Rechtsnachfolger des Erblassers weg
In diesen Fällen stellt sich die Frage, wie sich die Erbfolge gestaltet, nachdem das im Testament noch als Erbe benannte Kind als Rechtsnachfolger persönlich nicht mehr in Frage kommt.
Zunächst muss in solchen Fällen geprüft werden, ob das Testament selber eine Antwort auf die Frage nach der Erbfolge liefert. Hat der Erblasser nämlich beispielsweise daran gedacht, in seinem Testament eine Ersatzerbschaft anzuordnen, dann besteht keine Veranlassung für eine weiter gehende Interpretation des Testaments.
Bei Wegfall des ursprünglich bedachten Erben kommt mithin schlicht der Ersatzerbe zum Zuge.
Hat der Erblasser in seinem Testament einen Ersatzerben benannt?
Ebenso hilft eine Anordnung im Testament, wonach der Erblasser ausdrücklich keine Ersatzerbschaft anordnet. Im Zweifel gilt bei Wegfall des einzigen Erben dann eben die gesetzliche Erbfolge.
Gibt eine Auslegung des letzten Willens aber keinen Anhaltspunkt zu dem wirklichen Willen des Erblassers, dann kann „im Zweifel“ die Auslegungsregel in § 2069 BGB weiterhelfen. Danach ist bei Wegfall eines im Testament bedachten Erben im Zweifel anzunehmen, dass dessen Kinder nach den Regeln über die gesetzliche Erbfolge an seine Stelle treten.
Das Gesetz unterstellt also in dieser Auslegungsregel einen hypothetischen Willen des Erblassers, wonach er bei Wegfall des ursprünglichen Erben eben auch dessen Kinder bedenken wollte.
Diese Auslegungsregel in § 2096 BGB kommt allerdings nur bei Wegfall eines eigenen Abkömmlings des Erblassers in Frage.
Die Auslegungsregel gilt nicht für alle Personen
Hat der Erblasser einen Dritten, der nicht sein Abkömmling ist, in seinem letzten Willen bedacht und fällt dieser Dritte vor dem Erbfall weg, dann kann die Auslegungsregel in § 2096 BGB ausdrücklich nicht auf die Kinder dieses Dritten angewendet werden.
Hier kann man allenfalls im Wege der – ohnehin vorrangigen – Auslegung des Testaments zu dem Ergebnis kommen, dass vom Erblasser eine Ersatzerbschaft durch die Kinder des Dritten gewollt war.
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