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Mein Sohn „hat seinen Erbanspruch verwirkt“ – Eine Enterbung im Testament geht schief!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Urteil vom 12.07.2019 – I-7 U 134/18

  • Sohn des Erblassers begeht mehrere Straftaten
  • Erblasser verfasst ein privates Testament und hält den Erbanspruch seines Sohnes für verwirkt
  • Eine möglicherweise beabsichtigte Enterbung hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand

Mit einer missglückten Enterbung hatte sich das OLG Düsseldorf zu beschäftigen.

In der Sache hatte der spätere Erblasser am 08.06.2013 in sein Testament folgende Formulierung aufgenommen:

„Mein Sohn hat durch sein strafrechtliches Verhalten und seine schriftliche Erklärung vor einem Anwalt, dass er jede Verbindung mit mir ablehnt, meines Erachtens einen Erbanspruch verwirkt.“

Nach dem Ableben des Erblassers machte der Sohn bei der alleinigen Erbin des Erblassers seinen Pflichtteilsanspruch geltend.

Erbin verweist auf eine Entziehung des Pflichtteils

Die Erbin verteidigte sich gegen die Pflichtteilsforderung mit dem Argument, dass dem Sohn des Erblassers durch die Anordnung in dem Testament sein Pflichtteil entzogen worden sei.

Dies wollte der Sohn aber nicht hinnehmen und brachte die Sache vor Gericht.

Das Landgericht verurteilte die Erbin antragsgemäß, dem Sohn des Erblassers Auskunft über den Bestand und den Wert des Nachlasses zu erteilen.

Gegen dieses Urteil legte die betroffene Erbin Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Oberlandesgericht weist die Berufung als unbegründet zurück

Das Oberlandesgericht kam in seinem Urteil aber zur gleichen Entscheidung wie das Ausgangsgericht und wies die Berufung als unbegründet zurück.

Das Oberlandesgericht konnte sich bereits nicht davon überzeugen, dass dem Sohn mit der von seinem Vater in dessen Testament gewählten Formulierung überhaupt der Pflichtteil entzogen worden war.

Der Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge könne, so das OLG, nicht zwangsläufig auch als eine Entziehung des Pflichtteils verstanden werden.

Der Wille zur Enterbung muss dem Testament zu entnehmen sein

Der Wille, dem betroffenen Pflichtteilsberechtigten seinen Pflichtteil zu entziehen, müsse unzweideutig aus den Anordnungen im Testament hervorgehen.

Weiter könne man dem Testament des Erblassers nicht entnehmen, wegen welcher Straftaten der Erblasser seinem Sohn den Pflichtteil entziehen wollte.

Tatsächlich war der Sohn nämlich mehr als nur einmal strafrechtlich verurteilt worden.

Im Testament müssen die Gründe für die Enterbung angegeben werden

Bei einer Entziehung des Pflichtteils müsse sich aber aus dem Inhalt der letztwilligen Verfügung ergeben, auf welchen Tatbestand sich die Entziehung stützt. Nur so könne überhaupt überprüft werden, ob der dem Pflichtteilsberechtigten vorgeworfene Sachverhalt die totale Enterbung trägt.

Der Erblasser müsse, so das OLG, zumindest den Kern des der Enterbung zugrunde liegenden Sachverhalts in seinem Testament angeben.

Weiter müsse der Erblasser bei einer Enterbung, die auf § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB gestützt wird, in seinem Testament angeben, warum eine Teilhabe des Betroffenen am Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist.

Im Ergebnis konnte der Sohn daher seinen Pflichtteil fordern.

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