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Der Geschäftswert beim notariellen Nachlassverzeichnis – Kann der Notar seiner Kostenrechung nur das positive Nachlassvermögen oder auch die Schulden des Erblassers zugrunde legen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

LG Münster – Beschluss vom 29.06.2020 – 5 OH 5/20

  • Erblasser hat rund 20.000 Euro Vermögen und über 900.000 Euro Schulden
  • Notar nimmt beide Positionen in ein notarielles Nachlassverzeichnis auf
  • Für den Geschäftswert der Rechnung des Notars sind auch die Schulden des Erblassers relevant

Das Landgericht Münster hatte die Richtigkeit einer Notarrechnung zu überprüfen.

In der Angelegenheit war ein Notar von einer Erbin in einem Pflichtteilsstreit mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt worden.

Der Notar kam diesem Auftrag auch nach und ermittelte positive Nachlasswerte der Erblasserin in Höhe von 21.974,64 Euro.

Erblasser hinterlässt erhebliche Schulden

Gleichzeitig bezifferte der Notar die Nachlassverbindlichkeiten in dem Verzeichnis auf einen Betrag in Höhe von 902.431,36 Euro.

Den fiktiven Nachlass, der ebenfalls pflichtteilsrelevant war, erhob der Notar mit einem Betrag in Höhe von 578.248,52 Euro.

Nach getaner Arbeit übermittelte der Notar seiner Auftraggeberin eine Rechnung in Höhe von 3.180,51 Euro.

Notar nimmt einen Geschäftswert von rund 600.000 Euro an

Der Notar legt seiner Rechnung dabei einen Geschäftswert in Höhe von 600.223,16 Euro zugrunde, der Summe aus dem positiven Nachlassvermögen und dem fiktiven Nachlass.

Gleichzeitig vertrat der Notar aber die Auffassung, dass er eigentlich eine höhere Rechnung hätte stellen können, da in den Geschäftswert für die Rechnung auch die Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 902.431,36 Euro hätten eingestellt werden müssen.

Diese Auffassung veranlasste den Präsident des zuständigen Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars, den Notar anzuweisen seine Kostenberechnung der Beschwerdekammer des Landgerichts zur gerichtlichen Überprüfung vorzulegen.

Notar lässt seine Rechnung vom Landgericht prüfen

Dieser Aufforderung kam der Notar nach und legte seine Rechnung nach § 127 GNotKG dem Landgericht zur Prüfung vor.

Die Kammer des Landgerichts gab dem Notar im Ergebnis Recht.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer hätte der Notar bei Abrechnung seiner Tätigkeit für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses das Recht gehabt, in den Geschäftswert seiner Rechnung nicht nur das positive und das fiktive Vermögen des Erblassers, sondern auch die kompletten Nachlassverbindlichkeiten einzurechnen.

Der Notar hätte seiner Rechnung mithin einen Geschäftswert von 1.502.654,42 Euro zugrunde legen können.

Fachliteratur ist in der Frage nicht einer Meinung

Dabei räumte das Landgericht in der Begründung seiner Entscheidung ein, dass es in der Literatur umstritten sei, ob ein Notar bei der Ermittlung des Geschäftswertes auch die in ein notarielles Nachlassverzeichnis aufgenommenen Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigen kann.

Mit Hinweis auf die gesetzliche Regel in § 115 GNotKG hatte der betroffene Notar bereits dafür plädiert, auch die Nachlassverbindlichkeiten in die Abrechnung mit einfließen zu lassen:

Der Geschäftswert für die Aufnahme von Vermögensverzeichnissen sowie für Siegelungen und Entsiegelungen ist der Wert der verzeichneten oder versiegelten Gegenstände.

Es könne nicht darauf ankommen, so die bejahende Rechtsmeinung, ob ein bestimmter Vermögensgegenstand überhaupt noch vorhanden sei, sondern entscheidend sei vielmehr, ob der Vermögensgegenstand in das Verzeichnis aufgenommen sei.

Dieser Argumentation schloss sich das Landgericht am Ende an und gab damit dem Notar Recht.

Update: Die Entscheidung des LG Münster wurde vom OLG Hamm (Beschluss vom 01.08.2023 – 15 W 310/20) aufgehoben.

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