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Pflichtteilsberechtigter kann sich über Einsicht in die Nachlassakte Informationen beschaffen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 26.08.2016 – 15 W 73/16

  • Pflichtteilsberechtiger begehrt vom Nachlassgericht Einsicht in die Verfahrensakte
  • Nachlassgericht verweigert dem Pflichtteilsberechtigten das Einsichtsrecht
  • Oberlandesgericht hebt Entscheidung des Nachlassgerichts auf

Das Oberlandesgericht Hamm hatte darüber zu befinden, ob ein Pflichtteilsberechtigter Einsicht in die beim Nachlassgericht geführte Verfahrensakte nehmen darf.

In der Angelegenheit hatte ein Vater seinen Sohn durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen. Im Zuge der Geltendmachung seines Pflichtteilanspruchs wandte sich der enterbte Sohn an das Amtsgericht Dortmund und begehrte Einsicht in die dort geführte Nachlassakte.

Besonderes Interesse hatte der enterbte Sohn an dem vom Erben gegenüber dem Gericht ausgefüllten Wertfragebogen.  Der Pflichtteilsberechtigte erhoffte sich von dem Inhalt dieses Wertfragebogens ersichtlich näheren Aufschluss über den Bestand und den Wert des vom Erblasser hinterlassenen Nachlass.

Nachlassgericht verweigert dem Pflichtteilsberechtigten das Einsichtsrecht

Das Nachlassgericht verweigerte dem Pflichtteilsberechtigten aber die Einsicht in die Verfahrensakte. Die vom Erben erstellte Nachlassaufstellung in dem von dem Erben  ausgefüllten Wertfragebogen sei, so das Nachlassgericht, von dem Einsichtsrecht des Pflichtteilsberechtigten ausdrücklich ausgenommen.

Gegen diese Entscheidung legte der Pflichtteilsberechtigte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und bekam dort auch Recht. Das OLG änderte den Beschluss des Nachlassgerichts ab und bewilligte dem Beschwerdeführer Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie des Wertfragebogens aus der Testamentsakte.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass der Pflichtteilsberechtigte als Sohn des Erblassers Beteiligter des beim Nachlassgericht geführten Testamentseröffnungsverfahrens im Sinne des § 13 Abs. 1 FamFG sei.

Pflichtteilsberechtigter ist Beteiligter am Verfahren

Beteiligte an diesem Verfahren seien, so das OLG, alle Personen, denen „durch die letztwillige Verfügung ein Recht genommen oder gewährt wird“. Dazu gehöre auch der Beschwerdeführer als Pflichtteilsberechtigter.

Der Beschwerdeführer habe auch ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis vom Umfang des Nachlasses. Mit diesem Wissen könne er die Höhe seines Pflichtteilanspruchs beziffern.

Es komme insbesondere nicht darauf an, dass der fragliche vom Erben ausgefüllte Wertfragebogen einen ganz anderen Zweck habe, nämlich dem Nachlassgericht die Berechnung seiner Gebühren zu ermöglichen.

Der Pflichtteilsberechtigte müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, dass ihm andere Erkenntnisquellen, so insbesondere sein gegen den Erben gerichteter Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB zustehen.

Nachdem das OLG auch kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Erben oder anderer Beteiligter erkennen konnte, winkte es das vom Pflichtteilsberechtigten geltend gemachte Einsichtsrecht in die Verfahrensakte durch.

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