Pflichtteilsberechtigter hat Anspruch auf ein vom Notar aufgenommenes Nachlassverzeichnis
- Notarielles Nachlassverzeichnis hat eine höhere Gewähr für Richtigkeit
- Notarielles Verzeichnis kostet Geld und schmälert auch den Pflichtteil
- Notar darf sich auf Aussagen des Erben stützen
Dem Pflichtteilsberechtigten wird vom Erblasser mit der Enterbung sinngemäß der Stuhl vor die Tür gesetzt.
Gehörte der Pflichtteilsberechtigte vor dem Erbfall noch zum Kreis der nächsten Verwandten des Erblassers oder war er sogar mit ihm verheiratet, so ist der Pflichtteilsberechtigte mit der Anordnung des Erblassers in seinem Testament, wonach die betreffende Person von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll, vom Nachlass zunächst einmal abgeschnitten.
Er hat nicht das Recht, bestimmte Sachen des Erblassers vom Erben herauszuverlangen oder sie zu benutzen, er darf sich einmal mehr im Haus oder der Wohnung des Erblassers aufhalten, wenn der Erbe ihm hierzu nicht die Erlaubnis erteilt hat.
Pflichtteilsberechtigter hat nach dem Erbfall nur noch einen Zahlungsanspruch gegen den Erben
Die – erbrechtlichen – Beziehungen des Pflichtteilsberechtigten zum Erblasser reduzieren sich mit dem Erbfall auf einen Zahlungsanspruch, der dem Pflichtteilsberechtigten gegen den oder die Rechtsnachfolger des Erblassers, die Erben, zusteht. Der Pflichtteilsberechtigte kann gegen den Erben einen Zahlungsanspruch in Höhe des hälftigen Wertes seines gesetzlichen Erbteils geltend machen, § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Grundlage dieses Zahlungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten ist der Wert seines hälftigen „Erbteils“. Um diesen zu ermitteln muss der Pflichtteilsberechtigte zum einen die so genannte Pflichtteilsquote ermitteln und zum anderen den Wert des Nachlasses ermitteln.
Ersteres ist noch einfach zu bewerkstelligen: War der Pflichtteilsberechtigte zum Beispiel nach den § 1922 ff. BGB gesetzlicher Erbe zu 1/2, dann beträgt seine Pflichtteilsquote 1/4. Betrug seine gesetzliche Erbquote nur 1/8, dann beläuft sich die Quote seines Pflichtteils auf 1/16 usw.
Pflichtteilsberechtigter hat keinen Zugriff auf den Nachlass
In der Praxis wesentlich schwieriger ist der Wert des Nachlasses zu taxieren. Dies umso mehr, als der Pflichtteilsberechtigte vom Zugriff auf den Nachlass im Moment des Erbfalls ja, wie oben erwähnt, komplett abgeschnitten ist.
Das Gesetz leistet dem Pflichtteilsberechtigten hier jedoch Hilfestellung. § 2314 BGB gewährt dem Pflichtteilsberechtigten nämlich einen umfassenden Auskunftsanspruch gegen den Erben zur Vorbereitung seines Zahlungsanspruchs. Der Erbe hat auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen.
Wenn der Pflichtteilsberechtigte dem auskunftsverpflichteten Erben misstraut, dann kann er nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB auch verlangen, dass das Verzeichnis über den Bestand des Nachlasses von einem Notar aufgenommen wird. Nach § 20 Abs. 1 BNotO (Bundesnotarordnung) sind Notare unter anderem dazu verpflichtet, Vermögensverzeichnisse aufzunehmen.
Notarielles Nachlassverzeichnis kann aussagekräftiger sein als ein vom Erben erstelltes Verzeichnis
Man darf wohl davon ausgehen, dass die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses durch einen Notar eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Vermögensaufstellung bietet. Man darf allerdings nicht unbedingt erwarten, dass ein Notar höchstpersönlich den Hausstand des Erblassers in Augenschein nimmt und in ein Bestandsverzeichnis aufnimmt.
Dem Notar steht es nämlich frei, sich für die Aufnahme der einzelnen Nachlassgegenstände des Erblassers einer dritten von ihm beauftragten Person zu bedienen. Er kann (und darf) sich bei der Erstellung des Verzeichnisses auch auf Auskünfte des Erben stützen. Dessen ungeachtet trägt der Notar aber die Verantwortung für eine vollständige und ordnungsgemäße Erstellung des Nachlassverzeichnisses.
Am Ende des Prozederes erstellt der Notar ein Nachlassverzeichnis in Form einer amtlicher Urkunde, in der er seine Feststellungen wiedergibt.
Einen Aspekt darf der Pflichtteilsberechtigte bei dem Verlangen, einen Notar mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu beauftragen, nicht aus dem Auge verlieren:
Der Notar arbeitet nicht umsonst, sondern verlangt für seine Tätigkeit eine Gebühr. Je nach Werthaltigkeit des Nachlasses kann sich diese Gebühr durchaus spürbar bemerkbar machen.
Die beim Notar entstehenden Kosten trägt der Nachlass … und auf diesem Weg wird der Wert des Pflichtteilsanspruchs ebenfalls anteilig gemindert.
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