Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Auskunft wegen Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung – Erbe muss sich vom Pflichtteilsberechtigten nicht ausforschen lassen!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamburg – Urteil vom 28.09.2016 – 2 U 29/15

  • Erbin übermittelt privates und notarielles Nachlassverzeichnis
  • Pflichtteilsberechtigte wollen weitere Auskünfte und ziehen vor Gericht
  • Klage wird in zwei Instanzen abgewiesen

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte in einem Pflichtteilsstreit die Frage zu entscheiden, wie weit der Auskunftsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten geht.

In der Angelegenheit war die Erblasserin am 13.10.2011 verstorben. Die Erblasserin hatte in einer letztwilligen Verfügung eine Alleinerbin eingesetzt. Diese Alleinerbin war zu Lebzeiten der Erblasserin von dieser mit einer Generalvollmacht ausgestattet und war gleichzeitig als Betreuerin der Erblasserin eingesetzt worden.

Durch die Alleinerbeneinsetzung der späteren Beklagten wurden Pflichtteilsansprüche von Familienangehörigen der Erblasserin ausgelöst.

Diese Pflichtteilsansprüche wurden bei der Alleinerbin zunächst in Form von Auskunftsansprüchen angemeldet.

Erbin übermittelt privates und notarielles Nachlassverzeichnis

Die Alleinerbin stellte den Pflichtteilsberechtigten am 13.12.2011 ein privat erstelltes Nachlassverzeichnis zur Verfügung.

Nachdem die dort enthaltenen Informationen den Pflichtteilsberechtigten als nicht ausreichend erschienen, forderten sie von der Alleinerbin die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Dieses notarielle Nachlassverzeichnis wurde den Pflichtteilsberechtigten am 12.03.2012 übermittelt.

Weiter ließ die Alleinerbin die Pflichtteilsberechtigten ausdrücklich wissen, dass weitergehende ergänzungs- und ausgleichspflichtige Zuwendungen der Erblasserin nicht bekannt seien.

Klage der Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft

All diese Informationen reichten den Pflichtteilsberechtigten aber nicht. Sie erhoben vielmehr Klage gegen die Alleinerbin und begehrten mit der Klage die Vorlage eines weiteren Nachlassverzeichnisses mit nicht näher spezifizierten Nachweisen und Belegen.

Die Klage der Pflichtteilsberechtigten wurde in erster Instanz vom Landgericht mit dem Hinweis abgewiesen, dass der Auskunftsanspruch der Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 BGB von der Erbin vorliegend durch Übermittlung der Nachlassverzeichnisse erfüllt worden sei.

Soweit die Pflichtteilsberechtigten Zweifel an der Richtigkeit der Nachlassverzeichnisse hätten, hätten sie, so das Landgericht, die Erbin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auffordern müssen.

Gegen das die Klage abweisende Urteil legten die Pflichtteilsberechtigten Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Pflichtteilsberechtigte monieren Lücken im Nachlassverzeichnis

In ihrer Berufungsbegründung wiesen sie auf zahlreiche ihrer Auffassung nach bestehende Unstimmigkeiten in den von der Erbin zur Verfügung gestellten Nachlassverzeichnissen hin. Die Nachlassverzeichnisse würden, so der Vortrag der Pflichtteilsberechtigten, Auslassungen und Lücken enthalten.

Die beklagte Erbin erwiderte, dass sie in den Nachlassverzeichnissen das Vermögen der Erblasserin zum Zeitpunkt des Erbfalls korrekt angegeben worden sei und beantragte die Zurückweisung der Berufung.

Das Oberlandesgericht Hamburg folgte in seinem ausführlich begründeten Urteil den Ausführungen des Landgerichts und wies die Berufung als unbegründet zurück.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG auf einige grundlegende Punkte in Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten hin.

Unrichtigkeiten rechtfertigen keinen Anspruch auf weiteres Nachlassverzeichnis

So führe eine vermeintliche Unrichtigkeit in einem vom Erben erstellten Nachlassverzeichnis nicht zu einem Anspruch auf ein neues Nachlassverzeichnis. Nach Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses sei jedenfalls das abermalige Verlangen des Pflichtteilsberechtigten ein (weiteres) privates Nachlassverzeichnis vorzulegen regelmäßig rechtsmissbräuchlich.

Ergänzend wies das OLG darauf hin, dass die Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, vom Kläger konkret benannt werden müssen. Auch diese Voraussetzungen hatten die Pflichtteilsberechtigten bei ihrer Klage nicht beachtet.

Der mit der Klage verfolgte Auskunftsanspruch sei aber jedenfalls erloschen, da der Erbe nach Auffassung des OLG seinen Pflichten bereits vorprozessual in vollem Umfang nachgekommen war.

Der Pflichtteilsberechtigte habe einen Anspruch auf

„eine geordnete und nachprüfbare Zusammenstellung der dem Nachlass zugehörigen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten.“

Dieser Anspruch sei vorliegend allerdings sowohl durch das private als auch durch das notarielle Nachlassverzeichnis erfüllt worden.

Ermittlungspflicht des Notars ist abhängig vom Einzelfall

Das OLG sah im konkreten Fall auch für den Notar, der das Nachlassverzeichnis erstellt hatte, keine Veranlassung, eigenständige Ermittlungen bei kontoführenden Banken der Erblasserin aufzunehmen, um etwaige Geldbewegungen vor dem Eintritt des Erbfalls abzuklären.

Ebenfalls lehnte das OLG – mit der herrschenden Meinung – einen Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Berichtigung, Vervollständigung oder Ergänzung eines vorgelegten Verzeichnisses ab. Der Pflichtteilsberechtigte müsse in solchen Fällen den Erben auffordern, die Richtigkeit und Vollständigkeit des vorgelegten Verzeichnisses an Eides statt zu versichern.

Die Erbin sei dem Pflichtteilsberechtigten, so das OLG, ausdrücklich nicht zur Rechnungslegung für die Vergangenheit sondern nur zur Mitteilung des Nachlassbestandes zum Zeitpunkt des Erbfalls verpflichtet.

Auch zu den von den Klägern behaupteten (pflichtteilsergänzungspflichtigen) Schenkungen der Erblasserin habe die Erbin nach Auffassung des Gerichts alles Wissenswerte vorgetragen. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung durch den Erblasser, sei vom Erben keine Auskunft über Kontobewegungen geschuldet.

Schließlich wies das OLG noch darauf hin, dass nach herrschender Meinung vom auskunftspflichtigen Erben dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich keine Belege geschuldet seien.

Im Ergebnis mussten die Pflichtteilsberechtigten mit den Informationen leben, die ihnen die Erbin vorprozessual bereits erteilt hatte.

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