Erbe im Ausland – Nachlasskonto in Deutschland – Wie kommt der Erbe an sein Geld?
- Erbe muss sich mittels Testament, Erbschein oder Nachlasszeugnis legitimieren
- Erbschaftsteuerpflicht verzögert die Abwicklung der Erbschaft
- Auch Erben, die im Ausland leben, unterliegen unter Umständen der Steuerpflicht in Deutschland
In Zeiten zunehmender Globalisierung kommt es immer häufiger vor, dass Nachlassfälle in Deutschland Auslandsbezug haben. Nicht selten befinden sich die Erben eines Erbfalls gar nicht in Deutschland, sondern wohnen im Ausland.
Für die Erbfolge selber ist es ohne Belang, wo sich ein Erbe im Zeitpunkt des Erbfalls befindet. Hat der Erblasser in seinem Testament beispielsweise vorgesehen, dass sein in Argentinien lebender Enkel sein alleiniger Erbe werden soll, dann ist das eben so. Der in Buenos Aires wohnende Enkel hat in diesem Fall genau die gleichen Rechte und Pflichten, wie sie ein inländischer Erbe hätte.
Ist die rechtliche Stellung des im Ausland lebenden Erben auch mit der eines inländischen Erben identisch, so ist die Abwicklung der Erbschaft naturgemäß alleine aufgrund der räumlichen Distanz etwas beschwerlicher.
Dies wird für den im Ausland lebenden Erben spätestens dann spürbar, wenn er sich daran macht, ein auf den Erblasser lautendes und in Deutschland geführtes Bankkonto aufzulösen.
Der ausländische Erbe muss sich gegenüber der Bank legitimieren
Zunächst einmal muss sich nämlich auch der ausländische Erbe gegenüber der kontoführenden Bank als rechtmäßiger Erbe legitimieren. Seine Legitimation gegenüber der Bank kann der ausländische Erbe dabei durch ein notarielles Testament nebst Eröffnungsprotokoll und regelmäßig durch einen vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellten Erbschein nachweisen.
Hat der Erblasser lediglich ein privates Testament errichtet oder wird die Erbfolge mangels letzten Willen von dem Gesetz bestimmt, dann bleibt dem im Ausland lebenden Erben nichts anderes übrig, als sich einen (kostenpflichtigen) Erbschein zu besorgen.
Gegebenenfalls ist aber im Einzelfall auch ein (ebenfalls kostenpflichtiges) Europäisches Nachlasszeugnis zweckmäßiger. Bei "einfach gelagerten" Erbfällen kann man auch versuchen, die Bank von seiner Berechtigung alleine mit Hilfe eines privaten Testaments mitsamt Eröffnungsprotokoll zu überzeugen.
Das Verfahren zur Erlangung eines Erbscheins ist in den §§ 2353 ff. BGB und §§ 352 ff. FamFG sehr formalistisch ausgestaltet. Unter anderem hat der ausländische Erbe im Rahmen des Erbscheinsantrages durch die Vorlage öffentlicher Urkunden nachzuweisen, dass die von ihm gemachten Angaben zutreffend sind. Ausländische Urkunden sind dabei regelmäßig von einem vereidigten Übersetzer in die deutsche Sprache zu übersetzen.
Lassen sich notwendige Urkunden im Ausland nur mit erheblichem Zeitverzug besorgen, dann geht dies oft zu Lasten der Erben (so z.B. OLG Schleswig, Beschluss vom 15.02.2013, 3 Wx 113/12).
Nur dann, wenn die notwendigen Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen sind, genügt die Angabe anderer Beweismittel, wie z.B. die Aussage von Zeugen oder eine eidesstattliche Versicherung, § 352 Abs. 3 FamFG.
Hat der ausländische Erbe diese Hürde überwunden und ist er in Besitz eines Erbscheins, der ihn als rechtmäßigen Vermögensnachfolger des Erblassers ausweist, dann ist er aber noch längst nicht am Ziel.
Erbschaftsteuerpflicht des ausländischen Erben
Die kontoführende Bank wird nämlich auch demjenigen ausländischen Erben, der sich ordnungsgemäß durch die Vorlage eines Erbscheins legitimiert, das Kontoguthaben nicht ohne weiteres auszahlen.
Der Grund für diese Zurückhaltung deutscher Bankinstitute bei Erbfällen mit Auslandsbezug liegt im deutschen Steuerrecht.
Ein Erbfall unterliegt nämlich nach § 2 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) dann der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland, wenn entweder der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls so genannter Steuerinländer war. Steuerinländer ist jede in Deutschland wohnende Person. Für eine Erbschaftsteuerpflicht eines ausländischen Erben reicht es also vollkommen aus, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.
Ein ausländischer Erbe schuldet also dem deutschen Fiskus grundsätzlich Erbschaftsteuer, sobald die Erbschaft betragsmäßig über den in § 16 ErbStG genannten Freibeträgen liegt.
Um diesen Steueranspruch sicherzustellen, sieht § 20 Abs. 6 ErbStG vor, dass neben dem Erben selber auch die Banken, bei denen sich Nachlassvermögen befindet, Steuerschuldner sind. Die Banken haften subsidiär für die Erbschaftsteuer, wenn Nachlasswerte ins Ausland transferiert werden und die Erbschaftsteuer aus diesem Grund beim Erben nicht mehr eingetrieben werden kann.
Bank fordert Unbedenklichkeitsnachweis des Finanzamtes
Um diese Haftung zu vermeiden, sichert sich die Bank ab. Bevor Gelder an den Erben fließen, fordert die Bank in aller Regel vom Erben einen Unbedenklichkeitsnachweis, wonach von Seiten des Finanzamtes keine Einwände gegen die Auszahlung der Nachlassgelder bestehen.
Eine solche Erklärung wird das Finanzamt freilich immer nur dann abgeben, wenn der Steuerfall für den Fiskus zur vollsten Zufriedenheit abgeschlossen ist.
Bis eine solche Freistellungserklärung vom Finanzamt abgegeben wird, können in der Praxis Monate vergehen.
Um den Vorgang zu beschleunigen kann sich der ausländische Erbe alternativ nach Vorlage einer vorläufigen Erbschaftsteuererklärung an das Finanzamt mit der Bitte wenden, dieses möge der kontoführenden Bank mitteilen, in welcher Höhe der Erbschaftsteuerbetrag zu erwarten ist bzw. in welcher Höhe das Kontoguthaben freigegeben werden kann. Über das überschießende Kontoguthaben kann der ausländische Erbe dann nach Eingang einer entsprechenden Mitteilung des Finanzamtes frei verfügen.
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