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Bindender Erbvertrag – Ein Vertragspartner wird geschäftsunfähig – Ist ein Rücktritt vom Erbvertrag für den anderen Vertragspartner noch möglich?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Auch gegenüber einem geschäftsunfähigen Erbvertragspartner kann ein Rücktritt erklärt werden
  • Rücktrittserklärung kann auch gegenüber einem Vorsorgebevollmächtigten erfolgen
  • Die Rücktrittserklärung muss dem Bevollmächtigten zugehen

Ein notarieller Erbvertrag bindet die Vertragsparteien regelmäßig.

Hat man seine Erbfolge durch einen Erbvertrag geregelt oder in einem Erbvertrag ein Vermächtnis ausgesetzt, dann kann man diese Anordnungen in der Regel nicht ohne weiteres durch ein nachfolgendes Einzeltestament wieder abändern, § 2289 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Oft kann man sich von den Regelungen in einem Erbvertrag nur noch einvernehmlich wieder entfernen, §§ 2290, 2292 BGB.

Rücktrittsvorbehalt beim Erbvertrag

Will man auch nach Abschluss eines Erbvertrages flexibel bleiben, dann bietet es sich an, dass man in den Erbvertrag einen Rücktrittsvorbehalt aufnimmt.

Hat man einen solchen Rücktrittsvorbehalt in seinen Erbvertrag aufgenommen, kann man jederzeit nach Abschluss des Erbvertrages zu einem Notar gehen und dort eine entsprechende Rücktrittserklärung beurkunden lassen.

Dieser Vorgang bleibt dem jeweiligen Vertragspartner nicht verborgen, da die Rücktrittserklärung, um Wirkung zu entfalten, dem Vertragspartner zwingend zugegangen sein muss.

Was gilt, wenn der Vertragspartner geschäftsunfähig ist?

Problematisch und umstritten waren in der Vergangenheit die Fälle, bei denen derjenige Vertragspartner des Erbvertrages, gegenüber dem der Rücktritt erklärt werden sollte, nach Abschluss des Erbvertrages geschäftsunfähig geworden war.

Auch war bis dato ungeklärt, ob ein solcher Rücktritt von einem Erbvertrag gegenüber einem rechtgeschäftlich eingesetzten Bevollmächtigten des geschäftsunfähig gewordenen Vertragspartners erklärt werden konnte oder ob der Rücktritt zwingend gegenüber einem gerichtlich eingesetzten Betreuer erklärt werden muss.

Diese Zweifelsfragen sind unlängst vom Bundesgerichtshof verbindlich entschieden worden (BGH, Beschluss vom 27.01.2021, XII ZB 450/20).

Rücktritt gegenüber dem geschäftsunfähigen Erbvertragspartner

Danach schließt der Umstand, dass einer der Vertragspartner geschäftsunfähig geworden ist, den vertraglich vorbehaltenen Rücktritt vom Erbvertrag dem geschäftsunfähigen Vertragspartner gegenüber nicht aus.

Ebenfalls hat der BGH entschieden, dass ein Rücktritt vom Erbvertrag in solchen Fällen auch gegenüber einem rechtsgeschäftlich eingesetzten Vorsorgebevollmächtigten erklärt werden kann.

Es ist demnach nicht erforderlich, dass für die Entgegennahme der Rücktrittserklärung vom Amtsgericht extra ein Betreuer eingesetzt wird.

Will man vom Erbvertrag zurücktreten, sollte man, um Streit zu vermeiden, darauf achten, dass dem Vertragsgegner entweder die Urschrift der Erklärung oder eine Ausfertigung der Rücktrittserklärung ausgehändigt wird.

Bereits diverse Gerichte haben in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit festgestellt, dass die Zustellung nur einer beglaubigten Abschrift der Rücktrittserklärung nicht ausreichend ist.

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