Was passiert, wenn die Erben keinen Erbschein beantragen?
- Man wird auch ohne Erbschein Erbe
- Wenn man ein notarielles Testament hat, braucht man keinen Erbschein
- Ohne Erbschein hat man massive Probleme bei der Abwicklung der Erbschaft
Erbschaften in Deutschland sind für die Erben durchaus lukrativ.
Im Zeitraum von 2002 bis 2017 belief sich der durchschnittliche Wert einer Erbschaft auf einen Betrag in Höhe von 85.000 Euro.
Dieser Durchschnittswert dürfte heute eher noch etwas höher liegen.
Eine Erbschaft ist mit viel Bürokratie verbunden
Neben einer deutlichen Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage und der Trauer über den verstorbenen Menschen beschert eine Erbschaft dem Erben aber auch eine Menge bürokratischen Aufwand.
So muss der Nachlass des Verstorbenen vom Erben verwaltet und aufgelöst und etwaige Nachlassschulden beglichen werden.
Schließlich muss man als Erbe auch mit Behörden Kontakt aufnehmen, von denen man vor dem Erbfall bestenfalls einmal in der Zeitung gelesen hat.
Sterbeurkunde beim Standesamt – Erbschein beim Nachlassgericht
So wird sich der Erbe zum Beispiel regelmäßig bei dem zuständigen Standesamt eine Sterbeurkunde besorgen müssen.
Wesentlich mehr Aufwand muss der Erbe in die Beantragung eines Erbscheins investieren.
Ein Erbschein ist eine vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellte Urkunde, die bestätigt, wer Erbe geworden ist.
Die Beantragung eines Erbscheins kann sich der Erbe in der Praxis nur dann sparen, wenn der Verstorbene seine Erbfolge in einem notariellen Testament oder in einem notariellen Erbvertrag geregelt hat.
Ohne notarielles Testament benötigt man einen Erbschein
Gibt es nur ein handschriftliches oder gar kein Testament, dann benötigt der Erbe in aller Regel einen vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein.
Für die Beantragung eines Erbscheins muss der Erbe dem Gericht aber nicht nur eine Menge Dokumente und Unterlagen vorlegen.
Vielmehr kostet ein Erbschein – abhängig vom Nachlasswert – auch Geld.
Hat der Nachlass beispielsweise einen Wert von 1 Mio. Euro dann kostet ein Erbschein rund 3.500 Euro.
Was passiert, wenn man keinen Erbschein beantragt?
Kosten und bürokratischer Aufwand für einen Erbschein wirft in der Praxis bei den Erben manchmal die Frage auf, was eigentlich passiert, wenn man erst gar keinen Antrag auf einen Erbschein stellt.
Die zunächst beruhigende Antwort auf diese Frage lautet: Gar nichts.
Tatsächlich ist die rechtliche Stellung des Erben mit einem Erbschein genau die gleiche wie bei einem Erben ohne einen Erbschein.
Das bedeutet, dass man nicht erst dann Erbe ist, wenn man dies durch einen Erbschein bestätigt bekommt.
Erbe wird man auch ohne einen Erbschein
Erbe wird man nämlich automatisch entweder kraft gesetzlicher Erbfolge oder aufgrund des vom Verstorbenen hinterlassenen letzten Willens.
Ein Erbschein bestätigt nur die Rechtslage, die in der Sekunde des Todes des Erblassers ohnehin eingetreten ist.
Diese Erkenntnis ist für den Erben aber in der Praxis nur bedingt hilfreich.
Ohne ein notarielles Testament ist der Erbschein nämlich häufig der einzige Weg zum Vermögen des Verstorbenen.
Durch einen Erbschein kann man seine Stellung als Erbe nachweisen
Banken, Versicherungen oder auch das Grundbuchamt bestehen nämlich in aller Regel darauf, dass der Erbe seine Erbenstellung durch einen Erbschein nachweist.
Es bringt also dem Erben nichts, wenn er nach dem Eintritt des Erbfalls die Bank, bei der der Erblasser sein Konto hatte, um die Auszahlung des Kontoguthabens zu bitten.
Ohne einen Erbschein wird die Bank dieser Forderung kaum nachkommen.
Das Gleiche gilt für Immobilien, die dem Verstorbenen gehörten. Ohne einen Erbschein wird man beim Grundbuchamt, bei dem man eine Korrektur des Grundbuchs beantragt, kein Gehör finden.
Erben sind demnach nicht verpflichtet, einen Erbschein zu beantragen.
Wenn die Erben aber an das Vermögen des Verstorbenen kommen wollen, so sind sie faktisch dazu gezwungen, einen Erbschein zu beantragen.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.
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