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Kann man auch ohne Erbschein erben?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Man wird auch ohne einen Erbschein Erbe
  • Oft benötigt man für die Abwicklung der Erbschaft einen Erbschein
  • Wenn man ein Testament hat, kann man als Erbe unter Umständen auf den Erbschein verzichten

Wenn man eine Erbschaft gemacht hat, dann muss man im Zuge der Abwicklung des Erbes manchmal neue Begriffe lernen.

Beispielsweise das Wort „Erbschein“ ist vielen Menschen kein Begriff, hat man doch im Allgemeinen nicht viel Erfahrung mit Thema Erbschaft.

Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das dem Erben auf seinen Antrag hin vom zuständigen Nachlassgericht erteilt wird, § 2353 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Mit einem Erbschein legitimiert sich der Erbe

Mit einem Erbschein kann man sich im Rechtsverkehr als der Erbe und Rechtsnachfolger des Verstorbenen legitimieren.

Banken, Versicherungen und Behörden akzeptieren einen Erbschein als Nachweis, dass die im Erbschein als Erbe ausgewiesene Person berechtigt ist, über sämtliche Nachlasswerte zu verfügen.

Wer also nach einem Erbfall als Erbe an eine Bank, an die Lebensversicherung des Erblassers oder auch an ein Grundbuchamt herantritt, um Geldvermögen des Erblassers auf sein eigenes Konto zu leiten oder sich im Grundbuch als neuer Eigentümer einer zum Nachlass zählenden Immobilie eintragen zu lassen, der tut im Allgemeinen gut daran, wenn er hierzu einen Erbschein vorlegen kann.

Welche Nachteile sind mit einem Erbschein verbunden?

Wenn man sich nach einem Erbfall dann aber daran macht, bei Gericht einen Erbschein zu beantragen, dann lernt man schnell die Schattenseiten eines Erbscheins kennen.

Zum einen ist der Antrag auf einen Erbschein mit einem nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand verbunden, muss man doch dem Nachlassgericht für einen Erbschein zahlreiche Dokumente und Nachweise vorlegen.

Zum anderen wird der Erbe feststellen, dass ein Erbschein, abhängig vom Nachlasswert, mit durchaus namhaften Kosten für den Antragsteller verbunden ist.

Ein Erbscheinverfahren kann Nerven und Geld kosten

Wenn dann noch im Rahmen des Erbscheinverfahrens Streit entsteht, weil einige Hinterbliebene das geltend gemachte Erbrecht oder ein Testament anzweifeln, dann kommt dem Erben manchmal der Gedanke, ob man nicht auch so ganz ohne Erbschein erben könnte.

Die gute Nachricht für den Betroffenen in solchen Fällen lautet:

Ja, man kann ohne Erbschein erben. Ein Erbschein ist in keiner Weise erforderlich für die Erlangung der Erbenstellung.

Erbe wird man nämlich entweder kraft gesetzlicher Erbfolge oder kraft Anordnung in Testament bzw. Erbvertrag.

Der Erbschein macht keinen besseren Erben

Man ist nicht deswegen „mehr“ oder ein besserer Erbe, wenn man als solcher in einem Erbschein ausgewiesen ist.

Die Rechtsstellung als Erbe beruht entweder auf der gesetzlichen Erbfolge oder auf einem Testament bzw. Erbvertrag.

Ein Erbschein ist rechtlich nie Voraussetzung für die Erbenstellung.

Die große Einschränkung für den Erben folgt aber auf dem Fuß:

Für die Abwicklung der Erbschaft benötigt man oft einen Erbschein

Ein Erbschein ist zwar in keiner Weise erforderlich, um die Stellung als Erbe zu erlangen.

Ein Erbschein ist in der Praxis aber in vielen Fällen für den Erben sehr wohl erforderlich, um einen Nachlass abwickeln zu können und am Ende über die Erbschaft verfügen zu können.

Am deutlichsten wird diese Bedeutung eines Erbscheins in den Fällen, in denen der Erbe beim Grundbuchamt eine Nachlassimmobilie auf sich als neuen Eigentümer umschreiben lassen will.

Die Grundbuchberichtigung im Erbfall

Nach § 35 Abs. 1 GBO (Grundbuchordnung) gilt hier nämlich folgendes:

Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden.

Ohne Erbschein (oder alternativ notarielles Testament oder Erbvertrag) findet demnach keine Grundbuchberichtigung auf den Erben als neuen Eigentümer statt.

Und gerade bei nahmhaften Bankvermögen des Erblassers tun sich Kreditinstitute in der Praxis schwer, dem Erben diese Nachlassgelder auszuzahlen, wenn die Erbfolge nicht (durch einen Erbschein) nachgewiesen ist.

Urteil des Bundesgerichtshofes löst Unsicherheit aus

Unsicherheit in der Frage der Erforderlichkeit hat dabei ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2016 ausgelöst (BGH, Urteil vom 05.04.2016, XI ZR 440/15).

Diesem Urteil ist folgendes zu entnehmen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Erbe abgesehen von Sonderregelungen nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern kann diesen Nachweis auch in anderer Form führen.

Und weiter:

Bei Vorlage einer beglaubigten Ablichtung eines eigenhändigen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls ist es eine Frage des Einzelfalls, ob dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. 

Besitzt der Erbe demnach nur ein privates, handschriftliches Testament des Erblassers, ist es nach dieser Rechtsprechung des BGH „eine Frage des Einzelfalls“, ob der Erbe der Bank, der Versicherung oder sonstigen Dritten einen (kostenpflichtigen) Erbschein zum Nachweis seiner Erbenstellung vorlegen muss.

Kann man ohne Erbschein erben?

Als Fazit kann man festhalten:

Beruht die Erbenstellung auf einem notariellen Testament oder Erbvertrag, wird man sich den Erbschein regelmäßig sparen können.

Hat der Erblasser nur ein privates, handschriftliches Testament hinterlassen, kommt es auf den Einzelfall an.

Beruht die Erbenstellung nur auf der gesetzlichen Erbfolge, wird man regelmäßig um die Beantragung eines Erbscheins nicht herum kommen.

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