Antrag auf Erbschein gestellt – Wie kann das Nachlassgericht entscheiden?
- Nachlassgericht kann Zwischenverfügung erlassen
- Entscheidung des Nachlassgerichts ergeht durch Beschluss
- Wirksamkeit des Beschlusses kann ausgesetzt werden
Viele Erbstreitigkeiten werden im Rahmen eines Erbscheinverfahrens geklärt.
Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das auf Antrag eines Beteiligten vom Nachlassgericht ausgestellt wird und über die Erbfolge einer verstorbenen Person Auskunft gibt.
In einem Erbschein wird die Erbfolge beispielsweise wie folgt festgehalten:
Der Verstorbene wird beerbt von
1. Klara Mustermann zu ½ - ein Halb -
2. Pia Mustermann zu ½ - ein Halb -
Der Umfang des Nachlasses oder auch einzelne Nachlassgegenstände werden in den Erbschein hingegen nicht aufgenommen.
Mit einem Erbschein ist die Rechtsnachfolge nach dem Erblasser amtlich dokumentiert. Der oder die Erben können mit dem Erbschein auf Banken oder auch das Grundbuchamt zugehen, um Vermögen des Erblassers auf sich übertragen bzw. umschreiben zu lassen.
Nicht in allen Fällen verläuft ein Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins aber absolut geräuschlos. Nur allzu häufig wird über die Erteilung des Erbscheins zwischen den Beteiligten erbittert gestritten.
Am Ende der Tage muss ein Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins vom zuständigen Nachlassgericht entschieden werden.
Dabei stehen dem Nachlassgericht verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten zur Wahl:
Gericht erlässt Zwischenverfügung
Soweit das Verfahren an objektiv behebbaren Verfahrensmängeln leidet, kann das Gericht den Beteiligten und insbesondere dem Antragsteller aufgeben, die Hindernisse, die einer Entscheidung entgegenstehen, zu beseitigen.
Insbesondere bei fehlenden Unterlagen oder Angaben, wird ein Nachlassgericht dem Antragsteller mittels einer Zwischenverfügung aufgeben, nachzubessern und die fehlenden Unterlagen nachzureichen.
Hierzu kann das Gericht dem Antragsteller auch eine Frist setzen.
Gericht entspricht dem Antrag bei unstreitigem Verfahren
Liegen nach Auffassung des Gerichts sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung des Erbscheins vor, dann erlässt das Gericht einen so genannten Feststellungsbeschluss, § 352 Abs. 1 FamFG.
Dieser Beschluss lautet dann wie folgt:
„Die Tatsachen, die zur Erteilung des mit Antrag vom 01.01.2017 beantragten Erbscheins erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.“
Gericht will dem Antrag bei streitigem Verfahren stattgeben
Soweit die Beteiligten in dem Verfahren über die Frage der Begründetheit des Erbscheinantrages nicht einer Meinung waren, greift das Gericht zu einem abweichenden Verfahren. § 352 Abs. 2 FamFG.
Wurde also beispielsweise über die Wirksamkeit eines vorliegenden Testaments gestritten oder hat sich ein Beteiligter aus sonstigen Gründen gegen den Erbscheinsantrag ausgesprochen, dann erlässt das Gericht zwar ebenfalls einen Beschluss, wonach es die Voraussetzungen für die Erteilung des Erbscheins als gegeben ansieht.
Gleichzeitig setzt das Gericht aber in diesem Fall die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses bis zur Rechtskraft des Beschlusses aus. Der Antragsteller erhält den Erbschein in diesem Fall erst dann, wenn die entweder die Beschwerdefrist von einem Monat abgelaufen ist oder – bei eingelegter Beschwerde – das Beschwerdeverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
Mit dieser Verfahrensweise soll verhindert werden, dass ein Beteiligter von einem Erbschein Gebrauch macht, wenngleich die Angelegenheit von der nächst höheren Instanz im Beschwerdeverfahren abweichend beurteilt wird.
Das Gericht weist den Erbscheinsantrag zurück
Liegen hingegen die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Erbscheins nicht vor, dann weist das Nachlassgericht den Antrag durch Beschluss zurück.
Vorab muss dem Antragsteller gegebenenfalls die Gelegenheit gegeben werden, seinen Antrag abzuändern.
Gegen den zurückweisenden Beschluss kann Beschwerde zum OLG eingelegt werden.
Der Antragsteller kann nach Zurückweisung seines Antrags nicht nochmals einen inhaltlich identischen Antrag beim Nachlassgericht anbringen.
Es bleibt dem Antragsteller im Fall der Zurückweisung seines Antrages aber unbenommen, vor den Zivilgerichten Klage auf Feststellung seines Erbrechts zu erheben.
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