Erbe verschleudert die Erbschaft oder kümmert sich nicht um Nachlassschulden? Nachlassverwaltung beantragen!
- Erbe muss Nachlassverbindlichkeiten regulieren
- Gefährdet der Erbe die Befriedigung der Nachlassgläubiger, kann man eine Nachlassverwaltung beantragen
- Mit einer Nachlassverwaltung verliert der Erbe die Verfügungsgewalt über die Erbschaft
Manchmal geht ein Erbe mit der ihm zugefallenen Erbschaft so gar nicht verantwortungsvoll um.
Ein eherner Grundsatz im deutschen Erbrecht heißt nämlich, dass sich der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen auch um alle Schulden kümmern muss, die mit der Erbschaft zusammenhängen.
Der Erbe muss mithin nicht nur alle Verbindlichkeiten regulieren, die der Erblasser zu Lebzeiten begründet hatte.
Erbe muss Nachlassverbindlichkeiten regulieren
Aufgabe des Erben ist es vielmehr genauso, Verbindlichkeiten zu begleichen, die erst mit dem Erbfall entstanden sind. Hier kommen auf den Erben in erster Linie Ansprüche Dritter aus vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen oder auch Pflichtteilsansprüche zu.
Wer Forderungen gegen den Nachlass hat, sei es als normaler Gläubiger oder als Pflichtteilsberechtigter bzw. Vermächtnisnehmer, beäugt das Verhalten des Erben nach dem Eintritt des Erbfalls natürlich mit Argusaugen.
Gar nicht so selten drängt sich nämlich bei den Gläubigern des Erben der Eindruck auf, dass der Erbe an der Begleichung der gegen ihn gerichteten Forderungen ein nur sehr untergeordnetes Interesse hat.
Gläubiger können die Gerichte einschalten
Natürlich können Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte und sonstige Gläubiger in einer solchen Situation den ihnen zustehenden Anspruch so schnell wie möglich vor die staatlichen Gerichte tragen, dort titulieren lassen und nachfolgend gegen den Erben die Zwangsvollstreckung betreiben.
Wenn die Betroffenen aber den Eindruck gewinnen, dass die Durchsetzung ihres Anspruchs auf Grundlage des Verhaltens des Erben problematisch werden könnte, gibt es in manchen Fällen ein noch effektiveres Mittel gegen den säumigen Erben:
Die Betroffenen können nämlich in diesen Fällen unter Umständen nach § 1981 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen.
Nach § 1981 Abs. 2 BGB gilt folgendes:
Auf Antrag eines Nachlassgläubigers ist die Nachlassverwaltung anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Der Antrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Gefährdet der Erbe durch sein Verhalten die Gläubigerbefriedigung?
Grundlegende Voraussetzung für die Anordnung einer Nachlassverwaltung nach § 1981 Abs. 2 BGB ist, dass eine Befriedigung der Nachlassgläubiger durch ein Verhalten des Erben gefährdet wird.
Ein solches Verhalten kann nach der Rechtsprechung in einer leichtsinnigen Verschleuderung der Erbschaft, in einer voreiligen Befriedigung nur einzelner Gläubiger oder auch im Falle durch den Erben demonstrativ zur Schau getragener Gleichgültigkeit gegeben sein.
Ob der Erbe die Gefährdung der Gläubigerbefriedigung schuldhaft herbeigeführt hat, oder nicht, ist nicht entscheidend.
Nachlassverwaltung kann nur binnen zwei Jahren beantragt werden
Ein Antrag auf Nachlassverwaltung nach § 1981 Abs. 2 BGB kann nur binnen eines Zeitraums von zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft gestellt werden.
Geht der Antrag des Gläubigers auf Anordnung einer Nachlassverwaltung durch, dann verliert der Erbe die Befugnis, über den Nachlass zu verfügen.
Die Verantwortung für den Nachlass (und für die Regulierung der Schulden) geht auf den Nachlassverwalter über.
Selbstverständlich sind mit einer Nachlassverwaltung auch nicht unerhebliche Kosten für Gericht und vor allem den Nachlassverwalter verbunden.
Ein Pflichtteilsberechtigter, der als Nachlassgläubiger eine Nachlassverwaltung beantragt, muss diese Kosten zum Teil mittragen, da sich der Nachlasswert und damit auch der Pflichtteil vermindert.
Von Gerichten wurde eine Nachlassverwaltung nach § 1981 Abs. 2 BGB auch bereits dann angeordnet, wenn der Erbe eine Immobilie als wesentlichen Nachlassbestandteil veräußert, ohne den Nachlassgläubigern eine Sicherheit an dem Veräußerungserlös einzuräumen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2018, I-3 Wx 175/18).
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