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Schwer verständliche Schriftzeichen auf Zetteln sind kein Testament

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 27.11.2015 – 10 W 153/15

  • Dem Nachlassgericht wird ein kryptischer Zettel als Testament vorgelegt
  • Nachlassgericht zieht daraufhin einen bereits erteilten Erbschein ein
  • Gerichte können am Ende nicht von der Wirksamkeit des Testaments überzeugt werden

Das Oberlandesgericht Hamm hatte in einem Streit um die Erteilung eines Erbscheins die Wirksamkeit eines Testaments zu prüfen.

In der Angelegenheit war die verwitwete Erblasserin am 30.07.2013 verstorben. Sie hinterließ eine Tochter. Ein Sohn der Erblasserin war im Jahr 2009 vorverstorben. Der Sohn hatte vier Kinder.

Nachlass besteht im Wesentlichen aus einer Immobilie

Der Nachlass der Erblasserin bestand im Wesentlichen aus einer Immobilie im Wert von rund 130.000 Euro.

Nach dem Tod ihrer Mutter beantragte die Tochter beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins. Der Antrag ging davon aus, dass die Erblasserin nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge beerbt wird.

Entsprechend sollte der Erbschein die Tochter als Erbin zu ½ und die vier Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin als Erben zu je ⅛ ausweisen.

Im November 2013 wurde dieser Erbschein antragsgemäß erteilt.

Im April 2014 reichten die Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin beim Nachlassgericht zwei Schriftstücke ein, die sie als Testament gewertet wissen wollten.

Mehrfach gefaltetes Butterbrotpapier als Testament?

Bei dem einen Schriftstück handelte es sich um einen ca. 8 x 10 cm großen, per Hand ausgeschnittenen Zettel. Das andere Schriftstück war ein mehrfach gefaltetes Stück Papier, das nach dem Eindruck des OLG der Beschaffenheit von Butterbrotpapier entsprach.

Auf beiden Schriftstücken fanden sich folgende mit Hand geschriebene Schriftzeichen:

Tesemt

 Haus

Das für J

Unter diesen etwas kryptischen Schriftzeichen befanden sich noch die Jahreszahl 1986 sowie der Schriftzug „N“ mit einem vorangestellten, nicht sicher lesbaren weiteren Buchstaben.

Das Nachlassgericht eröffnete diese „Testamente“ und zog erst einmal den der Tochter bereits erteilten Erbschein wieder ein.

Im September beantragten die Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin dann ihrerseits gestützt auf die vorgelegten Schriftstücke die Erteilung eines Erbscheins, der die Kinder als testamentarische Erben zu je ¼ ausweisen sollte.

Ungewöhnlicher Zettel soll Testament sein

Die Tochter der Erblasserin, so der Gedanke der Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin, sollte also leer ausgehen.

Die Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin erkannten zwar auch die etwas ungewöhnliche Formulierung „Tesemt“, sie trugen aber vor, dass die Erblasserin damit ihren letzten Willen habe zum Ausdruck bringen wollen.

Die Tochter der Erblasserin trug vor, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt des angeblichen Entstehens der Testamente noch rüstig und in guter Verfassung gewesen sei.

Die Tochter wies darauf hin, dass die Erblasserin des Deutschen mächtig und sehr wohl auch in der Lage gewesen sei, sich in vollen und verständlichen Sätzen auszudrücken.

Nachlassgericht weist den Erbscheinsantrag zurück

Der Erbscheinsantrag der Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin wurde daraufhin vom Nachlassgericht zurückgewiesen.

Das Nachlassgericht wies zur Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass die beiden vorliegenden Schriftstücke nicht mit der erforderlichen Sicherheit als wirksame Testamente anzusehen seien.

Zwei der Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin wollten diese Entscheidung aber nicht akzeptieren und legten Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Zur Begründung ihrer Beschwerde trugen sie unter anderem vor, dass sich die etwas kuriose Form der Testamente damit erkläre, dass sie von der Erblasserin in Eile verfasst und nachfolgend versteckt worden seien.

OLG weist die Beschwerde als unbegründet zurück

Das OLG ließ sich von dieser Argumentation aber nicht beeindrucken und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Das OLG ließ die Beschwerdeführer wissen, dass ebenso wie das Nachlassgericht erhebliche Probleme damit habe, die vorgelegten Zettel als Testamente zu werten.

Das OLG bezweifelte bereits, dass die Erblasserin überhaupt den Willen gehabt habe, ein Testament zu verfassen, als die beiden fraglichen Zettel beschriftet wurden.

Sowohl das Material, aus dem die Schriftstücke stammten, als auch den schwer verständlichen Inhalt wertete das Gericht als derart merkwürdig, dass es nicht zu dem Schluss kommen konnte, die Erblasserin habe vorliegend mit den Schriftstücken tatsächlich ihre Erbfolge regeln wollen.

Merkwürdiger Auffindeort der "Testamente"

Erschwerend kam hinzu, dass die beiden Zettel in einer Schatulle aufgefunden wurde, die ungeordnet zahllose weitere Schriftstücke enthielt, so zum Beispiel auch leere aber gebrauchte Briefumschläge.

Den Richtern drängte sich so der Eindruck auf, dass die Erblasserin selber den Zetteln nicht allzu große Wichtigkeit beigemessen habe.

Es verblieben im Ergebnis begründete Zweifel an der Testamentseigenschaft der beiden Schriftstücke.

Diese Zweifel gingen im Ergebnis zu Lasten der Beschwerdeführer. Ihrem Erbscheinsantrag blieb der Erfolg versagt.

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