Eine Fotokarte mit Aufklebern ist kein Testament
Oberlandesgericht Hamburg - Beschluss vom 08.10.2013 - 2W 80/113
- Erblasser hinterlässt Aufkleber mit erbrechtlichen Anordnungen
- Die Anordnungen sind vom Erblasser nicht unterschrieben
- Gerichte lehnen Erteilung eines Erbscheins ab
Ein durchaus sehr ungewöhnliches "Testament" hatte das Oberlandesgericht Hamburg in einem Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins zu beurteilen.
In der Angelegenheit war der Erblasser am 05.10.2012 verstorben. Nach dem Tod des Erblassers stellte eine Bekannte des Erblassers noch im Oktober 2012 beim Nachlassgericht Hamburg den Antrag auf Erlass eines Erbscheins.
Dieser Erbschein solle, so der Antrag, bezeugen dass die Antragstellerin den Erblasser kraft testamentarischer Erbfolge alleine beerbt habe.
Die Antragstellerin teilte dem Nachlassgericht in ihrem Antrag mit, dass sie sich seit dem Jahr 2005 gemeinsam mit ihrem Ehemann um den Erblasser gekümmert habe.
Erblasser hinterlässt Aufkleber mit Erbfolgeregelung
Der Erblasser sei ihr und ihrem Ehemann vor diesem Hintergrund auch freundschaftlich verbunden gewesen und habe gegenüber Dritten wiederholt geäußert, dass sie, die Antragstellerin, seine alleinige Erbin sein solle.
Das Erbrecht selber ergebe sich, so die Antragstellerin, aber nicht nur aus diesem Vortrag. Die Antragstellerin legte dem Nachlassgericht vielmehr eine Fotokarte vor, die mit zwei Aufklebern versehen war. Dem einen Aufkleber war die Aufschrift ""V. ist meine Haupterbin" zu entnehmen. Darunter befand sich ein weiterer Aufkleber mit der Aufschrift "D. L.10.I.2011“.
Weitere Hinweise, dass es sich bei diesem Konstrukt überhaupt um ein Testament handelt, waren der Karte nicht zu entnehmen. Insbesondere fehlte der mit den beiden Aufklebern versehenen Fotokarte jeder Hinweis, der die Karte als "Testament", "Letzter Wille" oder "Letztwillige Verfügung" ausgewiesen hätte.
Nachlassgericht lehnt die Erteilung des Erbscheins ab
Das Nachlassgericht konnte und wollte den auf dieser Faktengrundlage beantragten Erbschein nicht erlassen und lehnte den Antrag ab. Hiergegen legte die Erbprätendentin Beschwerde zum OLG Hamburg ein.
Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde jedoch zurück und teilte im Ergebnis die Einschätzung des Nachlassgerichts.
In der Begründung der Beschwerdeentscheidung wies das OLG darauf hin, dass es für die Wirksamkeit eines Testaments zwar nicht darauf ankomme, dass der Erblasser den von ihm niedergelegten letzten Willen ausdrücklich als einen solchen oder auch als Testament bezeichnet.
Testament kann auch ungewöhnlich ausfallen
Auch verbiete die einschlägige gesetzliche Vorschrift des § 2247 BGB nicht die Verwendung außergewöhnlichen Schreibmaterials oder eine eher ungebräuchliche Gestaltung des Testaments durch den Erblasser.
In Anbetracht der doch sehr ungewöhnlichen Umstände des "Fotokarten-Testaments" vertrat das OLG jedoch die Meinung, dass es dem vorgelegten Schriftstück nicht zu entnehmen sei, dass der Erblasser den für ein Testament zwingend erforderlichen Rechtsbindungswillen bei Abfassung des Schriftstückes hatte.
Die Richter verwiesen in diesem Zusammenhang auf die fehlende Überschrift, die Verwendung des ungebräuchlichen Ausdrucks "Haupterbin", die dann lediglich mit ihrem Vornamen bezeichnet ist und die fehlende Bezeichnung des Ortes, an dem das Testament angeblich errichtet wurde.
Keine Unterschrift - Kein Testament
Letztendlich ließen die Richter das Testament jedoch an der fehlenden abschließenden Unterschrift des Erblassers unter dem Testament scheitern. Der lediglich auf dem zweiten Aufkleber befindliche Nachname des Erblassers gewährleiste, so das Gericht, nicht die nach § 2247 Abs. 3 BGB erforderliche Abschlusswirkung der Unterschrift.
Vielmehr bestehe die Gefahr, dass die mittels Aufklebern aufgebrachte "Erbeinsetzung" und die Unterschrift jederzeit manipuliert werden könnten.
Der Vortrag der Antragstellerin, wonach sie sich um den Erblasser gekümmert habe, konnte an der grundsätzlichen Unwirksamkeit des Testaments im Ergebnis nichts ändern. Der Erbscheinantrag wurde zurückgewiesen.
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