Erblasser räumt in Testament dem Vorerben das Recht ein, den Nacherben zu bestimmen – Geht das?
OLG Hamm – Beschluss vom 22.05.2014 – 15 W 102/13
- Erblasser ordnet in seinem Testament eine Vor- und Nacherbschaft an
- Die Vorerbin soll das Recht haben, einen Nacherben zu bestimmen
- Bei der Veräußerung eines Nachlassgrundstücks gibt es Probleme mit dem Grundbuchamt
In einer grundbuchrechtlichen Angelegenheit musste das Oberlandesgericht Hamm über die Wirksamkeit einer Bestimmung in einem Testament befinden, wonach die testamentarisch eingesetzte Vorerbin berechtigt sein sollte, einen anderen als den vom Erblasser benannten Nacherben zu benennen.
Der Erblasser hatte in der zu entscheidenden Angelegenheit am 25.06.1985 ein notarielles Testament errichtet. In diesem Testament setzte der Erblasser seine Ehefrau als Alleinerbin und seinen Sohn als Nacherben ein.
Für den Fall, dass der Sohn nicht Nacherbe werden sollte, ordnete der Erblasser in seinem Testament an, dass ersatzweise die Kinder des Sohnes als Ersatzerben die Stellung als Nacherben einnehmen sollten. Für den Fall, dass auch die Kinder des Sohnes als Nacherben wegfallen, sollten weitere Kinder des Erblassers selber Ersatzerben sein.
Vorerbin hat das Recht, einen anderen Nacherben zu bestimmen
Weiter enthielt das notarielle Testament aber eine eher ungewöhnliche Anordnung. Der Erblasser bestimmte nämlich ergänzend folgendes:
"Die Nacherbfolge ist unter der auflösenden Bedingung angeordnet, dass meine Ehefrau als Vorerbin berechtigt ist, durch Verfügung von Todes wegen einen anderen Abkömmling von mir zum Nacherben zu berufen.“
Der Erblasser verstarb am 02.05.2012. In der Folge wurde die Ehefrau für diverse zum Nachlass zählende Immobilien als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde in das Grundbuch ein so genannter Nacherbenvermerk aufgenommen.
Vorerbin veräußert Grundstück - Nacherbe ist einverstanden
Im Oktober 2012 veräußerte die Ehefrau mehrere Grundstücke mit notariellem Vertrag an einen Erwerber. Zu dem Notartermin war auch der im Testament als Nacherbe benannte Sohn erschienen und erklärte sein Einverständnis mit der Veräußerung als auch mit der Löschung des Nacherbenvermerkes.
Das Grundbuchamt weigerte sich aber in der Folge, den notariellen Vertrag im Grundbuch zu vollziehen. Das Grundbuchamt vertrat die Auffassung, dass die Einwilligung des Nacherben nicht ausreichend sei.
In Anbetracht der sehr speziellen Regelungen in dem Testament ging das Grundbuchamt vielmehr davon aus, dass die Nacherben derzeit unbekannt seien.
Beschwerde zum Oberlandesgericht wird eingelegt
Gegen den Beschluss des Grundbuchamtes legten die Beteiligten Beschwerde ein, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hatte.
Das OLG gab der Beschwerde auch statt.
In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass die Bestimmung in dem notariellen Testament, wonach die Ehefrau und Alleinerbin nach Gutdünken einen anderen als den vom Erblasser benannten Nacherben einsetzen könne, wegen Verstoß gegen § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam sei.
Der Erblasser könne die Bestimmung der Person, die im Erbfall eine Zuwendung erhalten soll, nicht wirksam einem anderen überlassen.
In Betracht käme vorliegend allenfalls, so das Gericht, eine Umdeutung der unwirksamen testamentarischen Bestimmung, § 140 BGB.
Zustimmung des namentlich benannten Nacherben ist ausreichend
Zulässigerweise könne ein Erblasser in seinem Testament nämlich einen Nacherben unter der Bedingung einsetzen, dass der Vorerbe nicht anderweitig von Todes wegen über den Nachlass verfügt.
Im Ergebnis sah es das OLG aber im vorliegenden Fall als ausreichend an, dass der vom Erblasser in seinem Testament konkret benannte Nacherbe der Löschung des Nacherbenvermerkes zugestimmt habe. Damit sei die Ehefrau als Vorerbin unbeschränkt verfügungsbefugt.
Im Übrigen wies das Gericht ergänzend darauf hin, dass eine Anhörung von unbekannten Nacherben, vertreten durch einen Pfleger, vorliegend vor Vollziehung des notariellen Vertrages nicht erforderlich sei.
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