„Unser Erbe bezieht sich auf die Eigentumswohnung“ – Ein Satz im Testament löst bei Gerichten Verwirrung aus!
OLG Düsseldorf – Beschluss vom 23.12.2020 – 3 Wx 170/19
- Eheleute setzen sich in gemeinsamen Testament wechselseitig als Erben ein
- Zwei Gerichte verweigern der Ehefrau die Erbenstellung
- Oberlandesgericht löst die Verwirrung auf
Ein kurzer Satz in einem Testament löste bei Beteiligten und Gerichten große Verwirrung aus.
In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar am 01.04.2002 ein gemeinschaftliches Testament errichtet.
In diesem Testament stellten die Eheleute zunächst klar, dass sie sich gegenseitig als Erben einsetzen.
Die Tochter und deren Kinder werden im Testament als Schlusserben eingesetzt
Die Erben des überlebenden Ehepartners sollten nach den Bestimmungen des Testaments die Tochter des Ehemannes und deren zwei Töchter sein.
Weiter nahmen die Eheleute aber dann noch einen Satz in ihr Testament auf, der in der Folge für einige Verwirrung sorgen sollte:
„Unser Erbe bezieht sich auf die Eigentumswohnung … und soll wie folgt aufgeteilt werden. 50% des Wertes erhält unsere Tochter, je 25% unsere Enkelkinder, nach Erlangung der Volljährigkeit.“
Am 02.07.2004 errichtete der Ehemann dann ein weiteres Testament und verfügte dort, dass nach seinem Tod ein Anteil an einem Grundstück in Kanada sowie sein Festgeld, Bargeld auf Girokonten und alle Gelder aus Versicherungen an seine Lebensgefährtin gehen sollen.
Ehefrau setzt zunächst auf die Karte Pflichtteil
Der Anteil an der Eigentumswohnung solle, so das Testament, nach wie vor an die Ehefrau gehen.
Nach dem Ableben des Ehemannes machte die Ehefrau zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf einen Pflichtteilsanspruch gegen die Lebensgefährtin des Erblassers geltend.
Diesen Pflichtteilsanspruch sah das Landgericht aber kritisch, da die Ehefrau nach Auffassung des Landgerichts in keinem der vorliegenden Testamente von der Erbfolge ausgeschlossen worden sei.
Landgericht kann in den Testamenten nur Vermächtnisse erkennen
Das Landgericht teilte vielmehr seine Auffassung mit, dass in sämtlichen vorliegenden Testamenten lediglich Vermächtnisanordnungen vorgenommen worden seien.
Daraufhin stellte die Ehefrau beim Nachlassgericht den Antrag auf einen Erbschein, der sie auf Grundlage des gemeinsamen Testaments aus dem Jahr 2002 als Alleinerbin ausweisen sollte.
Nachlassgericht weist den Antrag auf einen Erbschein ab
Das Nachlassgericht machte es sich aber einfach, verwies auf die rechtliche Bewertung des Landgerichts und teilte mit, dass das gemeinsame Testament aus dem Jahr 2002 überhaupt keine Erbeinsetzung enthalten würde.
Der Erbscheinsantrag der Ehefrau des Erblassers wurde mit dieser Begründung vom Nachlassgericht abgewiesen.
Eine von der Ehefrau des Erblassers gegen diese Entscheidung zum Oberlandesgericht eingelegte Beschwerde hatte allerdings Erfolg.
OLG ist nicht an die Bewertung des Landgerichts gebunden
Das OLG verwies in seiner Entscheidung zunächst darauf, dass es nicht an die rechtliche Bewertung des Landgerichts gebunden sei.
Weiter ließ das OLG die Beteiligten wissen, dass die Anordnungen in dem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 2002 eindeutig seien.
Dort hätten sich die Eheleute im ersten Satz „ausdrücklich und unmissverständlich gegenseitig als Erben“ eingesetzt.
OLG hält Rechtsmeinung des Landgerichts für deutlich unzutreffend
Der vom Landgericht problematisierte Zusatz zu der Eigentumswohnung beziehe sich, so das OLG, offensichtlich überhaupt nicht auf die gegenseitige Erbeinsetzung, sondern habe lediglich für die Schlusserbeneinsetzung der Tochter und der Enkelkinder Relevanz.
Für die vom Landgericht favorisierte „Vermächtnislösung“ spreche nach Auffassung des OLG … nichts.
Es blieb noch der Hinweis des OLG, dass die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute wechselbezüglich im Sinne von § 2270 BGB und das zeitlich spätere Testament des Ehemannes daher unwirksam gewesen sei, da das spätere Testament die Rechte der Ehefrau beeinträchtigen würde.
Im Ergebnis konnte der Ehefrau der beantragte Erbschein als Alleinerbin erteilt werden.
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