Bei einem gemeinsamen Ehegattentestament ist eine Unterschrift mit Tippex unkenntlich gemacht – Ist das Testament überhaupt noch wirksam?
OLG Rostock – Beschluss vom 19.03.2021 – 3 W 13/18
- Ehepaar errichtet im Jahr 2007 ein gemeinsames Testament
- Nach dem Tod der Ehefrau ist die Unterschrift der Ehefrau unter dem Testament mit Tippex ausgeweißt
- Gerichte behandeln das Testament trotzdem als wirksam
Das Oberlandesgericht Rostock hatte über die Wirksamkeit eines gemeinsamen Testaments zu urteilen.
In der Angelegenheit war eine Erblasserin am 13.02.2017 verstorben.
Als gesetzliche Erben hinterließ die Erblasserin ihren Mann, eine Tochter und einen Sohn.
Eheleute errichten ein gemeinsames Testament
Die Erblasserin hatte am 30.09.2007 gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Testament errichtet.
Dieses Testament war von dem Ehemann handschriftlich verfasst und von beiden Ehepartnern unterzeichnet worden.
In diesem Testament hatten sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.
Nach dem Eintritt des Erbfalls wurde dieses Testament im Original bei dem zuständigen Nachlassgericht abgeliefert und anschließend eröffnet.
Unterschrift der Ehefrau ist mit Tippex ausgeweißt
Auf dem abgelieferten Testament war die Unterschrift der Erblasserin allerdings nicht mehr lesbar, sondern mit Tippex „geweißt“.
Der Ehemann und die Tochter teilten dem Nachlassgericht hierzu mit, dass die Erblasserin ihre Unterschrift unter dem Testament wahrscheinlich im Nachhinein geweißt habe.
Ein Aufhebungs- oder Widerrufswille sei mit dieser Weißung der Unterschrift aber jedenfalls nicht verbunden gewesen.
Ehemann beantragt einen Erbschein als Alleinerbe
Der Ehemann stellte bei dem Nachlassgericht folgerichtig einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn auf Grundlage des Testaments als alleinigen Erben ausweisen sollte.
Diesem Antrag trat aber der Sohn der Erblasserin entgegen.
Der Sohn der Erblasserin machte u.a. geltend, dass das abgelieferte Testament keine Unterschrift seiner Mutter tragen würde.
Sohn bestreitet die Wirksamkeit des Testaments
Es sei auch fraglich, so der Sohn weiter, ob die Unterschrift der Erblasserin bereits geweißt war, bevor auch der Ehemann das Testament unterzeichnet hatte.
Insgesamt bestritt der Sohn der Erblasserin das Vorliegen eines wirksamen Testaments.
Noch im laufenden Verfahren wurde dem Nachlassgericht allerdings vom Ehemann der Erblasserin eine Kopie des Testaments übergeben, auf der auch die Unterschrift der Erblasserin zu sehen war.
Eine Kopie des Testaments taucht auf
Diese Testamentskopie habe er, so der Ehemann, erst unlängst in einer Dokumentenmappe der Erblasserin gefunden.
Das Nachlassgericht teilte daraufhin den Beteiligten mit, dass es den vom Ehemann beantragten Erbschein erteilen wolle.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte der Sohn der Erblasserin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Dort teilte man aber die rechtliche Bewertung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
Gerichte gehen von ursprünglicher Wirksamkeit des Testaments aus
Das OLG teilte in der Begründung seiner Entscheidung mit, dass es ebenso wie das Nachlassgericht davon überzeugt sei, dass sich die Unterschrift der Erblasserin ursprünglich in ungeweißter Form unter dem Testament befunden habe.
Dies schloss das OLG aus der vom Ehemann vorgelegten Kopie. Zweifel an der wirksamen Errichtung des Testaments hatte das OLG daher nicht.
Die nachträglich angebrachte Weißung der Unterschrift der Erblasserin führe, so das OLG weiter, nicht zu einer Unwirksamkeit des Testaments.
Das OLG führte aus, dass selbst für den Fall, dass die Weißung der Unterschrift von der Erblasserin selber vorgenommen worden sei, nicht feststehe, dass die Erblasserin mit dieser Handlung das Testament insgesamt widerrufen wollte.
Es bleibt unklar, wer die Unterschrift unkenntlich gemacht hat
Den Beweis eines Widerrufs habe aber derjenige zu erbringen, der sich auf die Unwirksamkeit des Testaments und damit auf die gesetzliche Erbfolge berufe.
Diesen Beweis habe der Sohn aber nicht geführt.
Das OLG teilte abschließend noch mit, dass auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Weißung von dritter Seite vorgenommen worden sei.
Im Ergebnis verblieb es nach dieser Entscheidung bei der Alleinerbenstellung des Ehemannes der Erblasserin.
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