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Die Testierfreiheit und ihre Einschränkungen

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Wenn man sein Erbfolge regeln will, muss man ein wirksames Testament errichten
  • Das Pflichtteilsrecht kann der Erblasser kaum aushebeln
  • Den Anspruch des Staates auf Erbschaftsteuer kann man nicht vermeiden

Ein Erblasser kann grundsätzlich frei darüber bestimmen, wer nach seinem Ableben das Vermögen des Erblassers erhalten soll.

Diese auch vom Grundgesetz in Art. 14 GG (Grundgesetz) geschützte Testierfreiheit gibt jedem einzelnen Bürger die Befugnis darüber zu entscheiden, wer sein Erbe werden soll.

Die Testierfreiheit garantiert dem Erblasser dabei größtmögliche Handlungsfreiheit. Er muss in seinem Testament keine vernünftigen oder für die Nachkommenschaft nachvollziehbare Entscheidungen treffen.

Der Erblasser kann frei entscheiden, wen er als Erben einsetzt

Er kann seine Verwandten als Erben einsetzen, oder aber auch sein gesamtes Vermögen an einen seiner Familie bis dahin vollkommen unbekannten Verein vermachen.

Der Erblasser kann in seinem Testament einen einzigen Alleinerben benennen oder aber auch eine Vielzahl von Personen an der Erbschaft teilhaben lassen. Egal wie der Erblasser sich entscheidet, er ist niemandem Rechenschaft schuldig für seine im Testament getroffenen Regelungen.

Ebenso wie der Erblasser noch zu Lebzeiten über die Verwendung seines Vermögens nach seinem freien Willen entscheiden kann, ist er auch im Rahmen der Regelung seiner Vermögensnachfolge für den Todesfall weitestgehend ungebunden.

Der Gesetzgeber hat sich allerdings im Hinblick auf die Rechtssicherheit und auch im Hinblick auf andere Verfassungsgüter dazu entschieden, die Testierfreiheit in einigen wenigen Punkten einzuschränken.

Der erbrechtliche Typenzwang

Die Testierfreiheit ist bereits insoweit eingeschränkt, als dem Erblasser lediglich die in den §§ 1922 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) normierten erbrechtlichen Instrumente zur Verfügung stehen, um sein Vermögen auf die Erbengeneration zu übertragen.

So kann der Erblasser einen Dritten z.B. nicht am Telefon, per E-Mail oder SMS als Erben benennen. Eine solche "Erbeinsetzung" würde in Ermangelung der gesetzlich vorgeschriebenen Form unwirksam sein.

Von der Rechtsordnung anerkannte Formen zur Weitergabe eigenen Vermögens kraft Erbfolge sind ausschließlich und abschließend das Testament und der Erbvertrag. Eine andere (wirksame) Form zur Regelung der letzten Angelegenheiten gibt es nach deutschem Recht nicht.

Nicht alles kann im Testament geregelt werden

Ebenso, wie das Gesetz dem Erblasser bei der Regelung seiner Erbfolge Vorschriften zur Frage der Form macht, hat das BGB auch sehr konkrete Vorstellungen zum Inhalt einer wirksamen letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag).

Auch hier ist der Erblasser an einen vom Gesetz vorgegebenen Kanon von rechtlichen Möglichkeiten gebunden.

Neben der Erbeinsetzung und ihrem Gegenstück, der Enterbung, kann der Erblasser in seinem Testament Vermächtnisse oder Teilungsanordnungen anordnen, Auflagen machen, eine Testamentsvollstreckung anordnen oder aber auch die Auseinandersetzung des Nachlasses unter mehreren Erben aufschieben.

All diese erbrechtlichen Instrumente haben Wechselwirkungen und jedes Testament muss daher sorgfältig dahingehend geprüft werden, ob der Inhalt des letzten Willens am Ende auch das wiedergibt, was sich der Erblasser vorgestellt hat.

So bringen es diese gesetzlichen Vorgaben zum Inhalt eines Testaments zum Beispiel auch mit sich, dass der Erblasser bei Vorhandensein mehrerer Erben das Eigentum an einzelnen Vermögensgegenständen nie mit unmittelbarer Wirkung auf einen einzelnen Erben übertragen kann.

Das Erbrecht ermöglicht dem Erblasser hier nur, zugunsten des einzelnen Erben ein (mehr oder weniger starkes) Forderungsrecht in Form einer Teilungsanordnung, eines Vorausvermächtnisses oder einer Auflage in seinem Testament zu etablieren.

Das Pflichtteilsrecht als Einschränkung der Testierfreiheit

Die wohl massivste Einschränkung der Testierfreiheit findet sich mit dem gesetzlichen Pflichtteilsrecht in den §§ 2303 ff. BGB.

Hier schränkt die gesetzgeberische Entscheidung, die nächsten Angehörigen und auch den Ehepartner des Erblassers auch dann mit einer Mindestbeteiligung am Nachlass teilhaben zu lassen, wenn diese Personen von der Erbfolge ausgeschlossen wurden, die Testierfreiheit des Erblassers nachhaltig ein.

Die Erbschaftsteuer schränkt die Testierfreiheit ein

Eine weitere Einschränkung in der Freiheit des Erblassers, über sein Vermögen auch für den Todesfall frei bestimmen zu können, ist die vom Staat festgesetzte Erbschaftsteuer.

Ab einer gewissen Vermögenshöhe partizipieren am Nachlass des Erblassers nicht nur die im Testament festgesetzten Erben, sondern mit einem Prozentsatz von bis zu 50% eben auch der Fiskus. Festlegungen im Testament, wonach der Staat von der Erbschaft nichts erhalten soll und eine Steuererhebung vom Erblasser ausdrücklich nicht gewünscht wird, sind unwirksam.

Grundsätzliche Einwände gegen die Erhebung der Erbschaftsteuer und die damit verbundene Einschränkung der Testierfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht als oberstes deutsches Gericht nicht. Vielmehr stellen die Verfassungsrichter in ständiger Rechtsprechung zur Erbschaftsteuer folgendes fest:

"Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes" (so z.B. BVerfG, Beschluss vom 21. 7. 2010 - 1 BvR 611/07).

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