Wenn ein Testament vom Erblasser zerrissen wird, dann gilt das Testament als widerrufen!
OLG Frankfurt a.M. – Beschluss vom 29.04.2025 – 21 W 26/25
- Nach einem Erbfall wird ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt
- In der Folge taucht ein zerrissenes Testament auf
- Die Gerichte messen dem zerrissenen Testament keine Bedeutung bei
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte über die Wirksamkeit eines zerrissenen Testamentes zu urteilen.
In der Angelegenheit war der kinderlose Erblasser im Jahr 2023 verstorben.
Der Erblasser hinterließ seine Ehefrau. Gleichzeitig lebte auch die Mutter des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls.
Die Ehefrau beantragt und erhält einen Erbschein
Die Ehefrau des Erblassers beantragte nach dem Erbfall beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins nach den Grundsätzen des gesetzlichen Erbrechts.
Antragsgemäß sollte die Ehefrau in dem Erbschein als Erbin zu ¾ und die Mutter des Erblassers als Erbin zu ¼ ausgewiesen werden.
Der Erbschein wurde in der Folge antragsgemäß erteilt.
Im Jahr 2024 wurde das Bankschließfach des Erblassers geöffnet.
Ein Freund des Erblassers legt ein in zwei Hälften zerrissenes Testament vor
Dabei wurde ein handschriftliches Testament aufgefunden, mit dem die Ehefrau des Erblassers enterbt und ein guter Freund des Erblassers als alleiniger Erbe eingesetzt wurde.
Dieses Testament war nur in der Mitte durchgerissen.
Unter Hinweis auf dieses Testament beantragte der Freund des Erblassers in der Folge bei Gericht, dass der der Ehefrau erteilte Erbschein als unrichtig eingezogen werden möge. Alleiniger Erbe sei er, der Freund des Erblassers.
Das Nachlassgericht lehnt eine Einziehung des Erbscheins ab
Das Nachlassgericht lehnte unter Hinweis auf § 2255 BGB eine Einziehung des Erbscheins ab.
Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt.
Gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts, den Erbschein nicht einzuziehen, legte der Freund des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG wies die Beschwerde aber als unbegründet ab.
Das Nachlassgericht hat richtig entschieden
Das Nachlassgericht habe, so das OLG, die Einziehung des Erbscheins mit Recht abgelehnt.
Das OLG hatte kein Zweifel daran, dass das Testament vom Erblasser zerrissen und nicht durch äußere Einflüsse „anderweitig“ in zwei Teile geraten war.
Nachdem der Erblasser unstreitig die einzige Person gewesen sei, die Zugriff auf das Bankschließfach gehabt habe, betrachtete das OLG auch die vom Beschwerdeführer entwickelten alternativen Szenarien zum Zerreißen des Testaments als pure Spekulation.
Im Ergebnis blieb das OLG bei der Einschätzung, dass das Testament vom Erblasser selber in der Absicht, es zu widerrufen, zerrissen worden war.
Der zugunsten der Ehefrau und der Mutter des Erblassers erteilte Erbschein hatte daher Bestand.
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