Nach einem gemeinsamen Ehegattentestament wird von einem Ehepartner ein Einzeltestament errichtet – Ist das Einzeltestament wirksam?
- Von einem gemeinsamen Testament geht häufig eine Bindungswirkung aus
- Ein zeitlich späteres Einzeltestament eines Ehepartners ist häufig unwirksam
- Die Bindungswirkung des gemeinsamen Testament ist aber nicht immer zwingend
Eheleute und eingetragene Lebenspartner können ihre Erbfolge gemeinsam regeln.
Solche gemeinschaftlichen Testamente sind in der Praxis weit verbreitet.
Durch ein gemeinsames Testament können die Eheleute eine wechselseitige Bindung ihrer erbrechtlichen Verfügungen herstellen, § 2270 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Der Klassiker: Eheleute beerben sich und setzen die Kinder als Schlusserben ein
Haben die Eheleute sich in ihrem gemeinsamen Testament beispielsweise für den Fall des Ablebens des ersten Ehepartners als alleinige Erben eingesetzt und weiter bestimmt, dass nach dem Tod des zweiten Ehepartners die gemeinsamen Kinder das Familienvermögen erben sollen, dann ist in aller Regel sowohl die wechselseitige Erbeinsetzung der Eheleute als auch die Erbeinsetzung der Kinder bindend.
Das bedeutet, dass diese Erbfolge nach der Errichtung des gemeinsamen Testaments nicht ohne weiteres aufgehoben oder abgeändert werden kann.
Kommt einer der beiden Eheleute zum Beispiel auf die Idee, ein neues Testament mit von dem gemeinsamen Testament abweichenden Regelungen zu verfassen, dann ist dieses neue Testament häufig unwirksam, § 2289 BGB analog.
Wann ist ein neues Einzeltestament wirksam?
Von diesem Grundsatz, wonach eine neue Verfügung von Todes wegen Existenz eines bindenden gemeinsamen Testaments unwirksam ist, gibt es allerdings Ausnahmen.
So ist es selbstverständlich möglich, den Ehepartner in einem neuen Einzeltestament rechtlich besser zu stellen, als dies bisher in dem gemeinsamen Testament vorgesehen war.
Voraussetzung ist dabei selbstverständlich, dass andere von dem gemeinsamen Testament Betroffene durch das neue Testament nicht schlechter gestellt werden.
Rechte von Betroffenen dürfen nicht beeinträchtigt werden
Ein neues Testament durch nur einen Ehepartner ist auch dann möglich und wirksam, wenn die bindende Verfügung in dem gemeinsamen Testament gegenstandslos geworden ist.
Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der bindend eingesetzte Ehepartner bereits verstorben ist, auf sein Erbe verzichtet hat, für erbunwürdig erklärt wurde oder sein Erbe ausgeschlagen hat.
Auch in diesen Fällen ist für die Wirksamkeit des späteren Testaments freilich Voraussetzung, dass außer dem Ehepartner keine weiteren Beteiligten von den bindenden Anordnungen in dem gemeinsamen Testament betroffen sind.
Ein neues Testament ist immer dann und soweit unwirksam, wenn es die Rechte derjenigen Personen negativ betrifft, die in dem bindenden gemeinsamen Testament als Erben, Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigte eingesetzt worden sind.
Wenn Eheleute die Bindungswirkung eines gemeinsamen Testaments vermeiden wollen, können sie in ihr gemeinsames Testament einen Änderungsvorbehalt aufnehmen oder auch die Bindungswirkung insgesamt ausschließen.
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