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Notarielles Testament bleibt auch nach der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung wirksam!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 23.12.2015 – I-3 Wx 285/14

  • Erblasserin setzt ihre Enkelin in einem notariellen Testament als Erbin ein
  • Testament wird von der Erblasserin aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen
  • Testament bleibt trotz Rücknahme wirksam

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob ein notarielles Testament auch nach der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung wirksam sein kann.

In der Angelegenheit hatte die betagte Erblasserin ihre Enkelin am 05.04.2001 in einem notariellen Testament als ihre alleinige Erbin eingesetzt.

Verhältnis der Erblasserin zu ihrer Tochter ist schlecht

Die Enkelin lebte bei der Erblasserin in deren Haus und pflegte die Erblasserin bis zu deren Tod.

Das Verhältnis der Erblasserin zu ihrer Tochter war hingegen offenbar getrübt. In dem notariellen Testament verfügte die Erblasserin nämlich gleichzeitig, dass ihre Tochter weder einen Erb- noch einen Pflichtteil bekommen solle, da sich die Tochter nicht um sie gekümmert habe.

Wenige Tage nach Errichtung dieses Testaments ergänzte die Erblasserin ihren letzten Willen dann aber dahingehend, dass zugunsten ihrer Tochter ein Vermächtnis in Höhe von 30.000 DM ausgesetzt wurde.

Die beiden notariellen Testamente wurden von dem beurkundenden Notar in die amtliche Verwahrung beim Amtsgericht gegeben.

Gericht belehrt die Erblasserin über Wirkung einer Rücknahme ihres Testaments

Anfang Februar 2005 suchte die Erblasserin das Amtsgericht auf und verlangte dort ihre Testamente heraus. Das Gericht wies die Erblasserin ausdrücklich darauf hin, dass die notariellen Testamente mit der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung zur Gänze unwirksam werden.

Nachdem die Erblasserin aber trotzdem auf der Rückgabe der Testamente bestand, wurde auf den Testamenten folgender Satz vermerkt:

"Dieses Testament gilt durch die am 9. Febr. 2005 erfolgte Rückgabe aus der amtlichen Verwahrung als widerrufen."

Im Mai 2005 verfasste die Erblasserin dann aber folgenden handschriftlichen Text:

"Zu meinem Testament. Ich muß etwas abändern. Da ich durch meine Krankheit ein ½ Jahr eine Pflege brauchte rund um die Uhr, ist mein erspartes alle soweit geschrumpft daß ich von meinem Testament nicht viel übrig habe. Also muß ich das Geld was meine Tochter erben soll streichen."

Und auch im August 2006 ging die Erblasserin offenbar davon aus, dass sie nach wie vor in Besitz eines wirksamen Testaments ist. Zu diesem Zeitpunkt hinterließ sie nämlich folgende handschriftlichen Mitteilungen:

"Betrift mein Testament.
Ich muß mein Testament ändern.
Da ich ein ganzes Jahr krank war und Pflege tag und Nach benötigte die ich selbst zahlen mußte, bin ich nicht mehr in der Lage meiner Tochter das Geld aus meinem testament zu vermachen. Ich habe meine Barschaft alle verbraucht."

"Betrifft mein Testament!
Ich muß mein Testament ändern. Da ich im letzten Jahr krank war und pflege Tag und nacht benötigte, die ich selbst zahlen mußte. Dabei ist meine Barschaft drauf gegangen. Besitze kein Geld mehr zum vererben."

Nach dem Tod der Erblasserin erhielt die Enkelin die notariellen Testamente.

Enkelin erklärt Anfechtung des Widerrufs des Testaments

Über ihre Anwälte ließ sie vorsorglich die Anfechtung des in der Rücknahme liegenden Widerrufs der notariellen Testamente erklären. Ihre Großmutter, so die Enkelin, habe sich über die Rechtswirkung der Rücknahme der Testamente schlicht geirrt.

In der Folge beantragte die Enkelin einen Erbschein, der sie aufgrund testamentarischer Erbfolge als alleinige Erbin ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht wies diesen Erbscheinsantrag als unbegründet zurück. Die notariellen Testamente, so das Nachlassgericht, seien nach erfolgter Rücknahme unwirksam.

Eine Irrtumsanfechtung komme ebenfalls nicht in Betracht, da sich die Erblasserin nach der erfolgten deutlichen Belehrung über die Rechtswirkungen der Rücknahme der Testaments schlechterdings nicht habe irren können.

Enkelin erhebt Beschwerde und bekommt vor dem OLG Recht

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die Enkelin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und bekam dort Recht.

Das OLG stellte fest, dass die Enkelin alleinige Erbin aufgrund des Testaments aus dem Jahr 2001 war.

Die Enkelin habe den durch die Erblasserin bewirkten Widerruf ihres Testaments ihrerseits wirksam angefochten. Rechtsfolge dieser Anfechtung sei, dass der in der Rücknahme liegende Widerruf des notariellen Testaments vom 5. April 2001 als von Anfang an nichtig anzusehen ist.

Das OLG war, anders als das Nachlassgericht, aufgrund des Verhaltens der Erblasserin davon überzeugt, dass sich die Erblasserin über die Rechtswirkung der Rücknahme des Testaments trotz der deutlichen Belehrung geirrt hatte.

Handschriftlicher Vermerk überzeugt die Richter

Hierfür sprach nach Auffassung der Richter deutlich die handschriftlichen Vermerke der Erblasserin aus den späteren Jahren.

Diesen Äußerungen sein mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass die Erblasserin auch nach Rücknahme ihres Testaments weiter von der Gültigkeit ihres letzten Willens ausging.

Im Ergebnis wurde das Nachlassgericht angewiesen, der Enkelin den beantragten Erbschein als alleinige Erbin zu erteilen.

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