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Darf der Testamentsvollstrecker für den Nachlass einen Prozess führen und kann er für Nachlassschulden verklagt werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbe darf keine Aktivprozesse führen
  • Klagen dürfen durch den Testamentsvollstrecker nicht leichtfertig erhoben werden
  • Dritte können den Erben oder den Testamentsvollstrecker verklagen

Die Aufgaben des Testamentsvollstreckers werden vom Erblasser in seinem Testament definiert.

Regelmäßig gehört die Abwicklung des Nachlasses zu den Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers, mit denen er vom Erblasser betraut wurde. Etwaig vom Erblasser angeordnete Vermächtnisse werden vom Testamentsvollstrecker für den Nachlass und aus Mitteln des Nachlasses ebenso wie Auflagen des Erblassers erfüllt.

Wenn mehrere Erben vorhanden sind, kümmert sich der Testamentsvollstrecker, solange der Erblasser nichts anderes angeordnet hat, um die Auseinandersetzung unter den mehreren Erben, § 2204 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Bis er alle seine Aufgaben erfüllt hat, hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass in Besitz zu nehmen und zu verwalten. Für die Zeit der Testamentsvollstrecker verdrängt der Vollstrecker den Erben in Bezug auf zentrale den Nachlass betreffende Fragen.

Aktivprozesse darf nur der Testamentsvollstrecker führen

Dies wirkt sich auch auf Prozesse aus, die rund um zum Nachlass gehörende Forderungen oder auch gegen den Nachlass gerichtete Ansprüche geführt werden.

Soweit ein Recht nämlich der Testamentsvollstreckung unterliegt, hat lediglich der Testamentsvollstrecker nach § 2212 BGB die Möglichkeit, dieses Recht im Rahmen eines so genannten Aktivprozesses geltend zu machen.

Gehört zum Nachlass beispielsweise eine Immobilie, die vermietet ist, dann hat der Testamentsvollstrecker zunächst die Aufgabe, von den Mietern die Mietzinszahlungen pünktlich einzuziehen.

Kommen die Mietzahlungen vor Auseinandersetzung des Nachlasses ins Stocken, gehört es weiter zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers, die rückständigen Mietzahlungen auf dem Klageweg geltend zu machen.

Nur er, nicht etwa der Erbe, kann in diesem Fall eine Klage vor Gericht anstrengen und so die ausstehende Forderung einfordern. Eine Klage des Erben selber würde während der Zeit der Testamentsvollstreckung vom Gericht als unzulässig zurückgewiesen.

Ein von einem Testamentsvollstrecker für den Nachlass erstrittenes Urteil wirkt freilich für und gegen den Erben, § 327 ZPO (Zivilprozessordnung).

Erbe muss die Entscheidung des Gerichts gegen sich gelten lassen

Das bedeutet, dass der Erbe die gerichtliche Entscheidung gegen sich gelten lassen muss, ob sie ihm gefällt oder nicht. Der Erbe kann insbesondere nicht nach Beendigung der Testamentsvollstreckung "seinen" Anspruch nochmals vor Gericht einklagen.

Ein Testamentsvollstrecker wird es sich freilich gut überlegen, leichtfertig Prozesse für den Nachlass anzustrengen.

Macht ein Vollstrecker nämlich, denkbar von einem zu sehr auskömmlichen Gebühren führenden hohen Streitwert verlockt, einen Anspruch des Nachlasses ohne Not oder sogar vollkommen überflüssig vor Gericht geltend, dann haftet er unter Umständen für die hierbei entstehenden Kosten, § 2219 BGB.

Passivprozesse können gegen Testamentsvollstrecker oder Erben geführt werden

Hat ein Dritter einen Anspruch gegen den Nachlass, dann er die die freie Wahl ob er die Klage gegen den Testamentsvollstrecker oder gegen den Erben richtet, § 2213 BGB.

Soweit dem Testamentsvollstrecker vom Erblasser nicht die Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde, ist die Klage in jedem Fall gegen den Erben zu richten.

Eine Besonderheit gibt es für einen Pflichtteilsanspruch zu beachten. Die gerichtliche Geltendmachung eines Pflichtteilanspruchs hat sich in jedem Fall gegen den Erben zu richten.

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