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Nichteheliche Lebenspartner schließen einen Erbvertrag ab – Eineinhalb Jahre später heiratet das Paar und lässt sich Jahre darauf scheiden – Was wird aus dem Erbvertrag?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Rostock – Beschluss vom 13.07.2021 – 3 W 80/20

  • Erbvertrag wird von einem Paar zeitlich vor der Hochzeit abgeschlossen
  • Nach der Eheschließung folgt fünf Jahre später die Scheidung
  • Der Erbvertrag ist weiter wirksam

Das Oberlandesgericht Rostock hatte über die Frage zu entscheiden, ob ein zwischen einem nicht verheirateten Paar geschlossener Erbvertrag dann unwirksam wird, wenn das Paar in der Folge heiratet und sich Jahre später scheiden lässt.

In der Angelegenheit hatte ein unverheiratetes Paar am 02.05.2000 einen notariellen Erbvertrag abgeschlossen.

In diesem Erbvertrag hatten sich die beiden unverheirateten Partner gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.

Nach Abschluss des Erbvertrages folgt die Hochzeit

Monate später entschlossen sich die beiden dann doch, eine Ehe einzugehen und heirateten am 26.10.2001.

Diese Ehe wurde 06.04.2006 wieder geschieden.

Am 07.06.2017 verstarb dann der Ex-Ehemann.

Sohn des Erblassers setzt auf die gesetzliche Erbfolge

Der einzige Sohn des Erblassers beantragte nach dem Erbfall bei dem zuständigen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn aufgrund gesetzlicher Erbfolge als alleinigen Erben seines Vaters ausweisen sollte.

Der Sohn des Erblassers stützte seinen Erbscheinsantrag dabei im Wesentlichen auf die Vorschrift in § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB:

Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.

Nach Auffassung des Sohnes des Erblassers sei der Erbvertrag, den seine Eltern im Jahr 2000 abgeschlossen hatten, nach § 2077 BGB durch die Scheidung seiner Eltern im Jahr 2006 unwirksam geworden.

Auslegung des Erbvertrages soll ein Erbrecht für den Sohn ergeben

Diese Rechtsfolge ergebe sich zumindest aus einer Auslegung des von seinen Eltern abgeschlossenen Erbvertrages.

Das Nachlassgericht wollte dieser Argumentation nicht folgen und lehnte den Erbscheinsantrag des Sohnes des Erblassers als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte der Sohn des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG weist Beschwerde als unbegründet ab

Das OLG teilte aber die rechtliche Einschätzung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde als unbegründet ab.

Das OLG begründete seine Entscheidung mit Hinweis auf den Umstand, dass der Erbvertrag, den der Erblasser abgeschlossen hatte, nach wie vor gültig und die gesetzliche Erbfolge für den Erbfall daher nicht anwendbar sei.

Die Regelung in § 2077 BGB könne, so das OLG, auf nichteheliche Lebenspartner, die einen Erbvertrag errichten und sich aber ausdrücklich zu diesem Zeitpunkt kein ernstliches Eheversprechen geben, gar keine Anwendung finden.

Keine analoge Anwendung des § 2077 BGB

Eine analoge Anwendung der Regelung in § 2077 BGB auf die nichteheliche Lebenspartnerschaft lehnte das OLG mit Hinweis auf zahlreiche Rechtsprechung ab.

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau würde in aller Regel ohne rechtliche Bindung und nicht auf eine bestimmte Dauer eingegangen.

Auch würde eine Auslegung des Erbvertrages nicht ergeben, dass der Erbvertrag mit diesem Inhalt nicht abgeschlossen worden wäre, wenn die Vertragsparteien ihre spätere Verheiratung und die darauf folgende Scheidung seinerzeit in Betracht gezogen hätten.

Vertragsparteien heben den Erbvertrag nach der Scheidung nicht auf

Für eine solche Annahme fehle jeder Hinweis im Wortlaut des Erbvertrages.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Erbvertragsparteien im Rahmen ihrer Scheidung zwar ihr Vermögen auseinander sortiert hätten, den Erbvertrag aber unangetastet gelassen hätten.

Im Ergebnis erhielt der Sohn des Erblassers den beantragten Erbschein nicht.

Alleinige Erbin des Erblassers wurde die geschiedene Ex-Frau des Erblassers.

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