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Eheleute setzen in ihrem Testament ihre Tochter und deren „künftig geborene Kinder“ als Erben ein – Probleme für die Erben

Von: Dr. Georg Weißenfels

AG Minden – Beschluss vom 27.11.2018 – 7 VI 766/11

  • Erblasser benennen in ihrem Testament „künftig geborene Kinder“ der Tochter als Erben
  • Nachlassgericht verweigert einen Erbschein, da auch zukünftig weitere Erben geboren werden können
  • Betroffene legen Beschwerde zum Oberlandesgericht ein

Das Amtsgericht Minden hatte über die Erbfolge aufgrund eines Testaments zu entscheiden, in dem auch „künftig geborene Kinder“ als Erben eingesetzt wurden.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar im Jahr 2001 ein gemeinsames Testament errichtet.

In diesem Testament setzten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben ein.

Problematische Schlusserbenbenennung im Testament

Als Schlusserben benannten die Eheleute in dem Testament zu je ½ ihre damals noch kinderlose Tochter sowie „deren künftig geborene Kinder“.

Die Ehefrau verstarb kurz nach Errichtung des gemeinsamen Testaments und wurde von ihrem Ehemann beerbt.

Zehn Jahre später verstarb dann auch der Ehemann.

Nach dem Tod ihres Vaters beantragte und erhielt die Tochter des Ehepaares einen Teilerbschein, der sie als Erbin zu ½ auswies.

Nachlassgericht verweigert den Kindern den beantragten Erbschein

Die Probleme begannen aber, als die zwei Kinder der Tochter im Jahr 2018 beim Nachlassgericht ebenfalls einen Teilerbschein beantragten, der sie als Erben ihres Großvaters zu je ¼ ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht verweigerte den Kindern der Tochter des Erblassers nämlich den beantragten Erbschein mit dem Hinweis, dass nach dem Testament auch alle erst zukünftig gezeugten und geborenen Enkel der ursprünglichen Erblasser als potentielle Erben in Betracht kommen.

Nachdem die Tochter des Ehepaares im Zeitpunkt der Entscheidung erst 44 Jahre alt war, könne man nicht ausschließen, dass weitere Kinder auf die Welt kommen, denen dann ebenfalls eine Erbenstellung zukommen würde.

Von dieser Entscheidung ließ sich das Nachlassgericht auch nicht durch den Hinweis der Tochter des Ehepaares abbringen, wonach ihre Familienplanung abgeschlossen sei und weitere Kinder – und Erben – nicht erwartet werden müssten.

Der Wille der Erblasser ist entscheidend

Entscheidend, so das Nachlassgericht, sei der Wille der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung ihres Testaments.

Dieser Wille sei ausweislich der Formulierung in dem Testament darauf gerichtet gewesen, sämtliche „zukünftig geborene Kinder“ der Tochter als Erben zu bedenken. Dies seien im Zweifel eben auch solche Kinder, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch gar nicht geboren waren.

Der Beschwerde der Kinder gegen die Weigerung des Nachlassgerichts, den beantragten Erbschein zu erteilen, wollte das Nachlassgericht nicht abhelfen und hat die Angelegenheit dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Es ist in der Sache mithin demnächst mit einer Entscheidung des Beschwerdegerichts zu rechnen.

Kritik an der Entscheidung des Nachlassgerichts

In der Literatur hat die Entscheidung des Nachlassgerichts bereits Kritik erfahren.

Insbesondere wurde auf die Gesetzesmotive zum BGB sowie darauf hingewiesen, dass eine Auslegung eines Testaments den von den Erblassern gewünschten Erfolg des Testaments nicht vereiteln dürfe, § 2084 BGB.

Klar ist aber, dass die Eheleute ihren Nachkommen bei der Abfassung des Testaments keinen Gefallen getan haben.

So könnte man sich auch darüber auseinandersetzen, ob mit der Formulierung „zukünftig geborene Kinder“ auszuschließen ist, dass auch von der Tochter zukünftig adoptierte Kinder als mögliche Erben in Betracht zu ziehen sind.

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