Was spricht gegen ein gemeinsames Testament?
- Nur Eheleute können ein gemeinsames Testament errichten
- Von einem gemeinsamen Testament geht häufig eine Bindungswirkung aus
- Die Eheleute können auf aktuelle Entwicklungen oft nicht mehr flexibel reagieren
Eheleute können ein gemeinsames Testament errichten.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein gemeinsames Testament die Nachlass- und Vermögensplanung von Eheleuten erleichtern.
Diese Erleichterung besteht zunächst einmal darin, dass die gesetzlichen Formvorschriften, die für ein Einzeltestament gelten, bei dem gemeinsamen Testament aufgeweicht wurden.
Ein Ehepartner verfasst das gemeinsame Testament
Während ein Einzeltestament vom Erblasser zwingend und zur Gänze handschriftlich verfasst und unterzeichnet werden muss, reicht es beim gemeinsamen Testament aus, wenn einer der beiden Eheleute das Testament handschriftlich verfasst und am Ende beide Ehepartner das Testament unterzeichnen, § 2267 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Eine weitere und wesentlich einschneidendere „Erleichterung“, die ein gemeinsames Testament mit sich bringt, versteckt sich hinter den gesetzlichen Regelungen in §§ 2270 und 2271 BGB.
Von einem gemeinsamen Testament geht nämlich häufig eine Bindungswirkung aus.
Vom gemeinsamen Testament geht häufig eine Bindungswirkung aus
Diese Bindungswirkung ist vielen Eheleuten, die ein gemeinsames Testament errichten, oft nicht bewusst.
Typischerweise ist von der Bindungswirkung eines gemeinsamen Testaments die Frage betroffen, welche Person nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners das Familienvermögen erhalten soll.
Haben die Eheleute diesen Punkt aber einvernehmlich und bindend in ihrem gemeinsamen Testament geregelt, dann kann ein Ehepartner alleine und insbesondere nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners an diesen gemeinsam getroffenen Regelungen nur schwer etwas ändern, § 2271 Abs. 2 BGB.
Ein gemeinsames Testament führt zuweilen zu einem Gerichtsprozess
Wie unflexibel und zum Teil praxisfremd sich ein bindendes Ehegattentestament aber im Einzelfall auswirkt, kann man alleine anhand der schieren Menge an Gerichtsverfahren ablesen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Ein klassischer Streitfall zu einem gemeinsamen Testament verläuft nämlich wie folgt:
Vater und Mutter errichten im Jahr 1980 ein gemeinsames Testament.
Die Eheleute setzen sich für den ersten Erbfall gegenseitig als Erben ein.
Nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners setzen die Eheleute ihren Sohn und ihre Tochter gleichberechtigt als Erben zu je ½ ein.
Der Vater verstirbt bereits im Jahr 1985.
Nach dem Tod des Vaters verschlechtert sich das Verhältnis der Mutter zu ihrem Sohn drastisch. Der Kontakt zwischen Mutter und Sohn bricht komplett ab.
Die Mutter errichtet kurz vor ihrem Ableben im Jahr 2010 ein weiteres Testament. In diesem Testament setzt sie ihre Tochter als alleinige Erbin ein.
Nach dem Tod der Mutter beantragt die Tochter einen Erbschein, der sie aufgrund des späteren Testaments der Mutter als Alleinerbin ausweisen soll.
Der Antrag der Tochter wird vom Gericht aber als unbegründet abgewiesen, da das zeitlich spätere Testament der Mutter unwirksam ist.
Das Familienvermögen muss im Ergebnis zwischen Tochter und Sohn hälftig geteilt werden.
Dieser Beispielsfall macht deutlich, dass sich Eheleute, die (vielleicht sogar in jungen Jahren) ein gemeinsames Testament errichten, eher schwer tun, nach Errichtung ihres letzten Willens auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.
Beziehungen zwischen Eltern und Kindern können sich ändern
Dies gilt sowohl für den (immer ungewissen) Verlauf von Beziehungen der Eltern zu Kindern und Enkelkindern.
Hier kann bereits ein unbeliebter Schwiegersohn bzw. eine nervige Schwiegertochter sehr schnell dafür sorgen, dass die Eheleute eine in ihrem gemeinsamen Testament – bindend – getroffene Erbfolgeregelung nachhaltig bereuen.
Noch deutlicher werden die Zwänge eines gemeinsamen Testaments, wenn man sich vorstellt, dass sich der überlebende Ehepartner nach dem ersten Erbfall wieder verheiratet und gegebenenfalls sogar noch weitere Kinder bekommt.
Mit einer Anfechtung des eigenen Testaments Testierfreiheit erlangen
Um in Anbetracht einer solchen Konstellation zu einer halbwegs vernünftigen Erbfolgeregelung zu gelangen, bleibt dem überlebenden Ehepartner oft nichts anderes übrig, als sein eigenes gemeinsames Testament wegen Irrtums nach § 2079 BGB anzufechten und auf diesem Weg wieder Testierfreiheit zu erlangen.
Die rechtlichen Komplikationen in einem solchen Fall der Eigenanfechtung eines gemeinsamen Testaments sind beachtlich.
Die herrschende Meinung geht nämlich davon aus, dass ein Testament nach einer auf § 2079 BGB gestützten Anfechtung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Errichtung komplett unwirksam und nichtig ist.
Bereits der erste Erbfall der Eheleute richtet sich im Fall einer erfolgreichen Anfechtung eines gemeinsamen Testaments demnach gegebenenfalls nach der gesetzlichen Erbfolge.
Zwei Einzeltestamente der Eheleute der bessere Weg?
Eheleute, die gemeinsam testieren wollen, sollten vor dem Hintergrund der mit der Bindungswirkung eines gemeinsamen Testaments verbundenen Einschränkungen immer abwägen, ob eine Erbfolgeregelung nicht auch durch zwei (jederzeit mögliche) Einzeltestamente gestaltet werden kann.
Testiert jeder der Eheleute für sich alleine, so kann er in seinem Einzeltestament jederzeit seinen Ehepartner und auch alle vorhandenen Kinder und Enkelkinder angemessen bedenken und absichern.
Oder aber im Bedarfsfall die ehedem als richtig empfundene Erbfolgeregelung auch wieder abändern und ein neues Testament verfassen.
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