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Gemeinsames Ehegattentestament – Wechselbezüglich oder nicht? Kann der überlebende Ehepartner ein neues Testament verfassen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Stuttgart – Beschluss vom 04.10.2018 – 8 W 423/16

  • Eheleute verfassen im Jahr 1984 ein gemeinsames Testament
  • Nach dem Tod des Ehemannes verfasst die überlebende Ehefrau im Jahr 2006 ein weiteres Testament
  • Die Erbfolge richtet sich nach dem gemeinsamen Testament

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte zu klären, ob sich die Erbfolge nach einer Erblasserin nach einem alten gemeinschaftlichen Ehegattentestament oder nach einem neueren Einzeltestament der Erblasserin richtet.

In der Angelegenheit hatte ein kinderloses Ehepaar am 25.02.1984 ein gemeinsames Testament errichtet.

In diesem Testament hatten sich die Eheleute zunächst wechselseitig als Alleinerben eingesetzt.

Eheleute setzen Verwandte als Schlusserben ein

Als Erben des zuletzt versterbenden Ehepartners setzen die Eheleute eine Nichte der Ehefrau und zwei Neffen des Ehemannes zu je ⅓ ein.

In der Folge verstarb der Ehemann und wurde von seiner Ehefrau beerbt.

Nach dem Tod Ihres Ehemannes verfasste die Ehefrau am 17.12.2006 ein neues Testament. Dieses Testament hatte folgenden Wortlaut:

In unserem gemeinschaftlichen Testament vom 25.2.1984 wurde nicht festgelegt, ob der Überlebende das Testament später noch ändern und über das Vermögen frei verfügen kann. Ich verfüge heute, dass meine Nichte meine Alleinerbin wird.

Nach dem Tod der Ehefrau beantragte die Nichte der Ehefrau einen Erbschein auf Basis des gemeinsamen Testaments der Eheleute aus dem Jahr 1984. In dem Erbschein sollte das Erbrecht zu je ⅓ der Nichte der Erblasserin und der beiden Neffen des vorverstorbenen Ehemannes bezeugt werden.

Das Nachlassgericht erteilt den beantragten Erbschein

Dieser Erbschein wurde in der Folge vom Nachlassgericht auch erteilt.

Nur wenige Monate nach Erteilung dieses Erbscheins überlegte es sich die Nichte der Erblasserin dann aber anders. Sie beantragte beim Nachlassgericht die Einziehung des unlängst erteilten Erbscheins.

Die Nichte trug vor, dass der Erbschein unrichtig sei. Die Erbfolge nach der Erblasserin richte sich nämlich gar nicht nach dem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 1984, sondern vielmehr nach dem Einzeltestament der Erblasserin aus dem Jahr 2006.

Das Nachlassgericht weigerte sich, dem Antrag der Nichte der Erblasserin nachzukommen.

Beschwerde zum Oberlandesgericht

Gegen die Entscheidung legte die Nichte der Erblasserin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG schloss sich aber der Rechtsmeinung des Nachlassgerichts an und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Das OLG begründete seine Entscheidung mit Hinweis auf die Bindungswirkung, die von dem gemeinsamen Testament der Eheleute ausging. Die gegenseitigen Erbeinsetzungen der Eheleute in dem Testament aus dem Jahr 1984 seien wechselbezüglich zu den Erbeinsetzungen der Verwandten.

Wechselbezüglichkeit steht dem zweiten Testament entgegen

Aus dieser Wechselbezüglichkeit folge aber, so das OLG, dass es der Erblasserin verwehrt war, im Jahr 2006 abweichend von dem gemeinsamen Testament zu testieren.

Dabei gestand das OLG zu, dass das Testament aus dem Jahr 1984 keine ausdrückliche Anweisung zur Frage der Wechselbezüglichkeit enthalte.

Auch eine Auslegung des gemeinsamen Testaments ergebe, so das OLG, keine eindeutige Aussage für oder gegen eine Wechselbezüglichkeit.

In diesem Fall sei aber der Weg zur gesetzlichen Auslegungsregel in § 2270 Abs. 2 BGB eröffnet.

Im Zweifel sei daher davon auszugehen, dass die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute zu der Schlusserbenbestimmung ihrer verwandten Neffen bzw. der Nichte wechselbezüglich sei.

Aus dieser Wechselbezüglichkeit folge dann aber auch die Bindung der Erblasserin an die gemeinsam getroffene Erbfolgeregelung.

Die zeitlich spätere Errichtung eines abweichenden Einzeltestaments war der Erblasserin nicht mehr möglich.

Der Antrag der Nichte der Erblasserin auf Einziehung des Erbscheins war damit endgültig abgewiesen.

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