Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Eine Vollmacht ist kein Testament

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 31.03.2016 – 31 Wx 413/15

  • Erblasserin avisiert einem Verein in einem Brief ihr Vermögen
  • Die gesetzlichen Erben streiten nach dem Erbfall mit dem Verein über die Erbfolge
  • Für das OLG überwiegen Restzweifel an der Existenz eines Testaments

Das Oberlandesgericht München hatte zu klären, ob eine in einem Brief enthaltene Vollmachtserteilung auch als Testament des Erstellers des Briefes gewertet werden kann.

In der Angelegenheit war die – vermögende – Erblasserin im Jahr 2002 im Alter von 77 Jahren verstorben.

In den Nachlass fielen Barvermögen und die Wertpapiere bei der C. Bank im Wert von rund 500.000 Euro, ein weiteres Konto bei der örtlichen Kreissparkasse mit einem Guthaben von rund 27.000 Euro sowie eine Eigentumswohnung im Wert von 100.000 Euro.

Nachlassgericht erteilt Erbschein

Im Jahr 2006 wurde drei Verwandten der Erblasserin ein Erbschein als gesetzliche Erben der Erblasserin erteilt.

Ganze neun Jahre später legte der Vorstand eines Vereins dem Nachlassgericht einen eigenhändigen und unterschriebenen Brief der Erblasserin vor, den der Vorstand des Vereins nach eigenen Angaben erst unlängst entdeckt hatte.

Dieser am 20.10.1975 von der Erblasserin verfasste und unterzeichnete Brief war an den Verein adressiert und hatte folgenden Wortlaut:

„Habe mich entschlossen nach meinem Tode mein Vermögen (Bar u.. Wertpapiere; C.bank; A.) dem Verein zur Verfügung zu stellen. Sollte mir unerwartet etwas zustoßen, dann halten Sie dieses Schreiben als Vollmacht!“

Das Nachlassgericht wertete diese Zeilen der Erblasserin als Testament mitsamt einer Erbeinsetzung des Vereins und ordnete die Einziehung des im Jahr 2006 erteilten Erbscheins an.

Zwei der gesetzlichen Erben, zu deren Gunsten der Erbschein erteilt worden war, erhoben gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts Beschwerde.

OLG gibt den gesetzlichen Erben Recht

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt und ordnete an, dass das Nachlassgericht den eingezogenen Erbschein in unveränderter Form wieder zu erteilen hat.

Das OLG begründete seine Entscheidung mit überwiegenden Zweifeln, ob mit dem Brief der Erblasserin vom 20.10.1975 tatsächlich eine Erbeinsetzung des Vereins verbunden gewesen sei.

Das OLG räumte ein, dass auch durch einen gewöhnlichen Brief ein Testament verfasst sein könnte. Entscheidend sei, ob man hierbei einen ernstlichen Testierwillen des Erblassers feststellen könne.

Wann kann ein Brief ein Testament sein?

Ob im Einzelfall ein solcher Wille des Erblassers vorliege, sei „unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen“.

Dabei sei an den Nachweis eines entsprechenden Willens ein strenger Maßstab anzulegen.

Dies vorausgeschickt konnte der Verein den Senat nicht davon überzeugen, dass in dem Brief aus dem Jahr 1975 ein Testament zu sehen sei.

Formulierungen in dem Brief sind nicht eindeutig

Das OLG verwies insbesondere auf die Möglichkeit, dass die Formulierung in dem Brief auch darauf hindeuten könne, dass die Erblasserin bereits anderweitig und außerhalb des Briefes eine Entscheidung über ihre Erbfolge getroffen hatte.

In diesem Zusammenhang war erheblich, dass die Erblasserin im Jahr 1975 ein Testament in die amtliche Verwahrung gegeben und dieses Testament im Jahr 1981 von dort wieder zurückgenommen hatte.

Ebenfalls interpretierten die Richter die in dem Brief angesprochene „Vollmachtserteilung“ in dem Sinne, dass mit der Erteilung einer Vollmacht gerade keine unmittelbare Übertragung von Vermögen kraft Erbfolge verbunden sei.

Was soll mit dem Restvermögen passieren?

Im Übrigen betreffe die in dem Brief erwähnte Vollmacht auch mit dem Barvermögen und den Wertpapieren nur einen Teil des Vermögens und beantworte nicht die Frage, was im Erbfall mit dem restlichen Vermögen geschehen soll.

Im Ergebnis blieben für das OLG „gewichtige Zweifel“, die gegen die Annahme sprachen, dass die Erblasserin mit dem Brief ein Testament verfasst hatte.

Die gesetzlichen Erben mussten Jahre nach dem Erbfall den Nachlass demnach nicht an den Verein herausgeben.

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