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Enterbung eines in einem Berliner Testament eingesetzten Schlusserben möglich?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Kammergericht Berlin - Beschluss vom 19.12.2014 - 6 W 155/14

  • Ehepaar errichtet ein gemeinsames Testament
  • Nach dem Tod der Ehefrau errichtet der Ehemann ein neues Testament
  • Das neue Testament verstößt gegen die Regeln im gemeinsamen Testament

Einen einfach gelagerten Sachverhalt, der jedoch in seiner rechtlichen Bewertungsehr komplex war, hatte das Kammergericht Berlin zu klären.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinsamen so genannten Berliner Testament vom 16.12.2002 wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Nach dem Versterben des länger lebenden Ehepartners sollten Schlusserben nach den Anordnungen in dem Testament die Tochter und der Sohn des Ehepaares werden.

Nach der Ehefrau verstirbt auch der Sohn

Die Ehefrau verstarb im März 2008. Kurze Zeit später, im August 2008 verstarb auch der im gemeinsamen Testament eingesetzte Sohn des Ehepaares.

Dieser vorverstorbene Sohn hinterließ seinerseits einen eigenen Sohn, der jedoch die Erbschaft nach seinem Vater form- und fristgerecht ausgeschlagen hatte.

Im April 2013 verfasste der Ehemann und Vater dann ein weiteres Testament. In diesem Testament ordnete er an, dass seine Tochter, deren Sohn und auch der Sohn seines vorverstorbenen eigenen Sohnes von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollen.

Tochter des Erblassers beantragt einen Erbschein

Nach dem Tod ihres Vaters beantragte die Tochter unter Hinweis auf den Umstand, dass sie auch die Alleinerbin ihres im Jahr 2008 vorverstorbenen Bruders geworden sei, beim Nachlassgericht den Erlass eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin ihres Vaters ausweisen sollte.

Hilfsweise beantragte sie beim Nachlassgericht einen Erbschein, der sie und ihren verstorbenen Bruder als Miterben zu gleichen Teilen ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht wies sowohl den von der Tochter gestellten Haupt- als auch den Hilfsantrag als unbegründet zurück und weigerte sich, auch nur einen der beiden beantragten Erbscheine auszustellen.

Tochter legt gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde ein

Hiergegen richtete sich die von der Tochter zum Kammergericht eingelegten Beschwerden.

Das Kammergericht wies die von der Tochter Beschwerden zurück, wich aber in der Begründung vom Ausgangsgericht ab.

Das Nachlassgericht hatte eine Erbenstellung der Tochter mit dem Argument verneint, dass ihr Vater sie in dem zeitlich späteren Testament aus dem Jahr 2013 ausdrücklich enterbt hatte.

Diese Sichtweise teilte das Beschwerdegericht nicht.

Bindungswirkung durch gemeinsames Testament

Vielmehr sei , so das Kammergericht, die in dem Testament aus dem Jahr 2013 angeordnete Enterbung der Tochter unwirksam, weil der Vater und Erblasser an die mit seiner Ehefrau in dem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 2002 angeordnete Schlusserbeneinsetzung seiner Tochter gebunden gewesen sei.

Die Schlusserbeneinsetzung der beiden Kinder des Ehepaares in diesem Testament aus dem Jahr 2002 stelle, so das Kammergericht, eine wechselbezügliche Verfügung im Sinne von § 2270 Abs. 1 BGB dar, die nach dem Tod der Ehefrau auch nicht mehr einseitig vom Vater durch ein Einzeltestament habe aufgehoben werden können.

Enterbung der Tochter war wirkungslos

Die vom Vater in dem Testament aus dem Jahr 2013 angeordnete Enterbung seiner Tochter war vor diesem Hintergrund wirkungslos.

Trotz dieser Feststellung war die Tochter aber nicht Alleinerbin nach dem Tod ihres Vaters geworden.

Nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2069 BGB sei wegen des Vorversterbens des Sohnes des Erblassers für dessen Erbteil zunächst der Enkelsohn des Erblassers als Ersatzerbe zur Erbfolge für den freien hälftigen Erbteil berufen.

Erblasser konnte seinen Enkel enterben

Seinen Enkelsohn hatte der Erblasser aber in seinem Testament aus dem Jahr 2013 ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen. An dieser Enterbung war der Erblasser nach der Wertung des Kammergerichts auch nicht etwa durch das erste Testament aus dem Jahr 2002 gehindert.

Durch die in dem Testament aus dem Jahr 2013 angeordnete (unwirksame) Enterbung seiner Tochter habe der Erblasser hinreichend deutlich gemacht, dass er nicht wünscht, dass der auf den Erbstamm seines Sohnes entfallende Erbteil seiner Tochter anwächst.

Im Rahmen weiterer Ermittlungen sei, so das Kammergericht, zu klären, auf wen der frei gewordene hälftige Erbteil entfällt. Diese Frage sei mithilfe der Auslegung des Testaments aus dem Jahr 2013, dem hierzu offenbar vage Andeutungen zu entnehmen waren, zu klären.

Fest stand für das Kammergericht aber, dass die Tochter und Antragstellerin jedenfalls weder Alleinerbin nach ihrem Vater noch neben dem vorverstorbenen Bruder hälftige Miterbin geworden war.

Beide Erbscheinsanträge mussten mithin auch im Beschwerdeverfahren zurückgewiesen werden.

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